Was wurde eigentlich aus Pamela Anderson?
Von Manuel Simbürger
Seit der Skandal-Serie "Pam & Tommy" auf Disney+ (irgendwie hat man immer noch das Gefühl, dass der familienfreundliche Streaminganbieter nicht wusste, worum es in der Serie geht) ist Pamela Anderson wieder in aller Munde. Und schon bei diesem Satz werden einige männliche Leser dreckig lachen und sich an vergnügliche Stunden in den Neunzigern erinnern.
Das ist chauvinistisch und vor allem unfair. Nicht nur, weil Pamela Anderson der seriellen Verfilmung des traumatischen Sextape-Gates nie zugestimmt hat, sondern auch, weil die Anderson mehr ist als bloß Playboy-Häschen und Inbegriff männlicher Objektifizierungs-Fantasien. Zugleich baut ihre Karriere aber auch genau darauf auf.
Es ist kompliziert.
Sexbombe der Neunziger
Pamela Anderson verkörperte die Neunziger wie nur wenige andere: Selbstbewusst entblößte sie nicht nur ihre Seele in Klatschblättern, sondern auch ihren Körper. Optimierte selbigen so sehr, dass die Grenze zwischen Kunst und Künstlerin verschwomm, so sehr, dass der Körper selbst zur Leinwand wurde. Zum Kunstwerk.
Ganze dreizehnmal zierte sie das "Playboy"-Cover, war somit das erfolgreichste Model des so beliebten Hefner-Männermagazins. Es war die Zeit der Blondinen mit dem Schmollmund, den endlos langen Beinen, den weiblichen Kurven und natürlich der wallenden blonden Mähne. Claudia Schiffer, Heidi Klum, Elle MacPherson und eben Pamela Anderson: Sie verkörperten unerreichbare Schönheitsideale, die zum Träumen einluden.
Lebensfreude und Sexyness
Pam aber war nicht nur schön. Sie war heiß, sexy, verrucht. Versprühte Lebensfreude, brachte ungeniert den Sex in den Mainstream und machte dank "Playboy"-Fotos, "Baywatch"-Berühmtheit (die Serie war das nachmittägliche Erotikspielchen der Neunziger) und unerschöpflichem Bock aufs Rampenlicht das Ungreifbare greifbar. Irgendwie war Anderson dann doch so wie wir, XL-Brüste und Wespentaille hin oder her.
Realität und Fantasie wurden bei Pamela Anderson eins – sie selbst aber hielt von falschen Selbstbildern nicht viel: "Meine Brüste hatten eine fabelhafte Karriere − ich bin einfach immer nur mitgetrottet" ist ihr berühmtestes Zitat – und zeigt einmal mehr, das hinter dem getunten Körper ein heller Geist steckt: Mithilfe von erotischen Rollen in B-Movies und zahlreichen privaten Skandalen wurde sie zur Marilyn Monroe der Neunziger, nur eben irgendwie bunter und geschmackloser. Und deshalb menschlicher.
Sinkender Erfolg
Doch die Welt veränderte sich und irgendwann war der Typ Frau, den Pamela Anderson verkörperte – sich selbst über das Äußere definierend und stolz, das Image des real gewordenen Männertraums vertretend – nicht mehr gefragt. Nach "Baywatch" kam die Hauptrolle in der Action-Comedy-Serie "V.I.P. – Die Bodyguards", die es trotz vernichtender Kritiken immerhin auf 88 Episoden brachte.
Es folgten zahlreiche Auftritte in (Mini-)Filmen (unter anderem in "Scary Movie 3" und "Borat"), die meisten davon aber längst vergessen. Zum "Baywatch"-Strand kehrte sie im Rahmen der TV-Filme regelmäßig zurück, mit David Hasselhoff verbindet sie eine freundschaftliche Kollegschaft.
2005 ergatterte sie erneut eine Serien-Hauptrolle: "Stacked" ist eine Sitcom um ein blondes Party-Dummchen, das zur intellektuellen Buchhändlerin wird – und die sogar auf ORF 1 lief. Einmal mehr spielte Anderson mit ihrem Blondinen-Image, die Serie wurde aber nach zwei Staffeln eingestellt.
Reality- und Opernball-Star
In den Zehnerjahren ereilte auch Anderson das Schicksal so vieler ehemaliger TV- und Filmsternchen: Sie absolvierte mehrere Auftritte in Reality-Shows, unter anderem in "Dancing with the stars" (dem US-amerikanischen Pendant zu "Dancing Stars") und 2011 war sie sich auch nicht zu schade, in die "Celebrity Big Brother"-Häuser in Australien, Großbritannien, Bulgarien und Indien zu ziehen, bevor sie 2013 im deutschen "Promi Big Brother" und 2015 als Gast im Normalo-"Big Brother" vorbeischaut. 2018 trat sie bei "Willkommen bei Mario Barth" auf. Das hat Anderson wirklich nicht verdient.
Den deutschsprachigen Raum hat Anderson, genauso wie "Baywatch"-Ex-Kollege Hasselhoff, aber schon früher für sich entdeckt, um ihre Karriere wieder anzukurbeln – oder zumindest die Haushaltskasse. In Österreich sorgte sie 2003 und 2016 als Opernball-Gast für Richard Lugner für Furore, in der Wiener Lugner City bei der Autogrammstunde für Fan-Massen.
Skandalöses Privatleben
Trotz süchtig machendem Nostalgie-Faktor machte sie in den vergangenen Jahren eher durch ihr Privatleben als durch ihre Karriere von sich reden. Vor allem scheint die Schauspielerin eine glühende Anhängerin von Hochzeiten zu sein:
Mit Rocker Tommy Lee war Anderson von 1995 bis 1998 liiert, aus der Ehe gingen die Söhne Brandon und Dylan hervor. Das Glück mit Männern ist ihr bis heute nicht hold: Fußballer Adil Rami soll sie betrogen und ausgenutzt haben, die Ehe mit Kid Rock hielt nur vier Monate lang – es soll reichlich Alkohol im Spiel gewesen sein. Dafür ehelichte sie Bad Boy Rick Salomon (bezirzte auch Paris Hilton und Shannen Doherty) gleich zwei Mal (2007 in Las Vegas und nochmal 2014).
2020 heiratete sie einen Filmproduzenten, ein Monat später folgte schon die Scheidung. Während der Pandemie 2021 trat Anderson mit ihrem Bodyguard vor den Altar, Gerüchten zufolge soll mit ihm aber auch schon wieder Schluss sein.
Schicksalsschläge
2002 sorgte Anderson für Schlagzeilen, als sie öffentlich zugab, sich während der Ehe mit Tommy Lee mit Hepatitis C infiziert zu haben. 2006 erlitt sie eine Fehlgeburt. In den Nullerjahren soll Anderson so bankrott gewesen sein, dass sie einige Zeit mit ihren Söhnen in einem Trailerpark wohnte.
Weitaus erfreulicher ist, dass Pamela Anderson schon seit den Neunzigern öffentlich und lautstark für Tierrechte eintritt und sowohl berühmtes als auch aktives Mitglied von PETA ist, ihre hüllenlosen Kampagnen für die Organisation sind legendär. Die Tierliebe habe ihr geholfen, mit ihren Traumata in der Vergangenheit umzugehen: Sie wurde als Kind und Jugendliche mehrfach vergewaltigt.
2021 zog sich Anderson freiwillig aus der Öffentlichkeit und den Sozialen Medien zurück.