Elizabeth Olsen über "Doctor Strange 2", CGI und Betty White
Von Manuel Simbürger
Elizabeth Olsen alias Scarlet Witch alias Wanda Maximoff (kompliziert, dieses MCU!) hat sich in den vergangenen Jahren zu einem der Big Player des MCU gemausert und gilt heute als Liebling der gigantischen Marvel-Fan-Community. Ihren ersten Auftritt hatte Olsen als Wanda in "Age of Ultron", aber erst in der preisgekrönten und frenetisch bejubelten Genremix-Serie "WandaVision" konnte sie endlich so richtig zeigen, welch großes schauspielerisches Talent in ihr steckt.
In "Doctor Strange in the Multiverse of Madness" spielt Olsen alias Wanda erneut eine wichtige Rolle – und den wenigen Filmausschnitten, die wir bisher sehen durften, zufolge hat Olsen ihr zurückgenommenes, subtiles und nuanciertes Spiel perfektioniert und liefert so eine fesselnde Performance ab.
Wir plauderten mit der 33-jährigen Olsen-Twins-Schwester im Rahmen eines Interview-Round-Tables über "Doctor Strange 2", das Multiversum, Spezialeffekte und welche Schauspielerin sie gerne als Alternativuniversum-Wanda sehen würde.
In "Doctor Strange in the Multiverse of Madness" ist Wanda immer noch damit beschäftigt, über die Ereignisse aus "WandaVision" hinwegzukommen. Sie lebt alleine und hat sich zurückgezogen. Wie sehr wird diese Auszeit ihre Kräfte und ihre Persönlichkeit im Allgemeinen beeinflussen?
Am Ende von "WandaVision“ gibt sich Wanda selbst die Schuld an dem, was passiert ist. Deshalb ist diese Auszeit für sie sehr wichtig, um sich selbst zu finden. Das erste Mal ist bei Wanda ein Gefühl von Klarheit zu bemerken und dass es in Ordnung ist, wer und was sie ist. Sie hat sich mit ihrer Scarlet-Witch-Persona und ihrem Schicksal ausgesöhnt. Diese Art von Selbstvertrauen prägt ihre weitere Reise sehr, schafft aber auch Konflikte innerhalb des Films. Wanda hat nun eine klarere Perspektive, wer sie ist und woran sie glaubt.
Ich habe Wanda immer dafür geliebt, dass sie eine unabhängige Denkerin ist und ihre eigene Meinung hat. Sie hatte niemals Probleme damit, die Wahrheit zu sagen.
Wie sehr ist dir persönlich Auszeit wichtig?
Freizeit ist alles für mich. Wenn man viel reisen muss und lange Jobs hat, kann sich das wie ein Nomaden-Leben anfühlen. Es ist wunderbar, zwischen den Jobs nach Hause zu kommen, das ist sehr wichtig für mich. Ich bin am Set ein sehr geduldiger Mensch. Wenn ich aber merke, dass ich ungeduldig werde, dann weiß ich, dass es Zeit ist, nach Hause zu fahren, eine Pause zu machen und meine Batterien aufzuladen. Ich hoffe, dass ich das diesen Sommer tun kann. Sieht bisher gut aus! (lacht)
Was magst du am Schauspielern besonders gern?
Ich denke, es ist die Erfahrung, als Gruppe am Set zu arbeiten. Ich genieße die Kameradschaft innerhalb der Crew. Ich genieße es, Probleme mit anderen Menschen zu lösen. Ich genieße die Zusammenarbeit und die zwischenmenschliche Beziehung über einen langen Zeitraum, auf der man aufbaut.
Das Set mit dem Cast und der Crew macht mir sehr viel Spaß – und ich glaube sogar, das ist der Grund, warum ich als Kind Mannschaftssportarten geliebt habe. Ich habe schon immer alles geliebt, bei dem eine Gruppe von Menschen versucht, etwas Größeres, als sie selbst es sind, zu erschaffen.
Eines der faszinierendsten Dinge bei SuperheldInnen-Filmen ist, wie sehr es den SchauspielerInnen gelingt, uns glauben zu lassen, dass sie tatsächlich Superkräfte haben. Chris Hemsworth als Thor oder Chris Evans als Captain America haben es da etwas leichter, weil sie mit ihrem Hammer oder ihrem Schild arbeiten können. Du als Scarlet Witch musst dich komplett auf CGI verlassen. Wie schwierig ist das für dich?
Das erste Mal bei "Age of Ultron“ war es eine sehr beängstigende Erfahrung für mich. Ich war sehr neugierig, wie es am Ende aussehen würde. Aber ab irgendeinem Punkt habe ich einfach akzeptiert, dass ich mich wie ein Idiot fühle und wie ein Idiot ohne die Spezialeffekte aussehe und wahrscheinlich auch mit den CGI Effects immer noch wie ein Idiot aussehe.
Da ich aber einen Tanz-Background habe, ist das Arbeiten mit CGI für mich wie eine Choreographie, die sehr spezifisch für mich sein muss, damit ich so tun kann, als wüsste ich, was ich mache. Also eigentlich ist alles und nichts davon wirklich improvisiert. Immer wenn jemand will, dass ich improvisiere, ist es für mich peinlich, weil ich es mag, mich auf eine festgelegte Choreografie zu verlassen.
Es gibt eine Szene im Film, in der Scarlet Witch zu Strange sagt: "Wenn du die Regeln brichst, bist du ein Held. Wenn ich das tue, bin ich die Feindin." Das ist ein starkes feministisches Statement. Ist Wanda ein Opfer des gesellschaftlichen Sexismus?
Ich sehe diese Aussage eher auf einer universelleren Ebene. Was mir am meisten Spaß an der Figur der Wanda Maximoff macht, ist, dass die Menschen da draußen viele Meinungen über sie haben und mit ihren Handlungen und ihren Entscheidungen, die sie trifft, nicht einverstanden sind.
Mein Ziel ist es, Empathie für Wanda zu wecken und ihre Perspektive zu verstehen. Ich denke, es ist sehr einfach für uns Menschen, jemanden zum Feind zu machen und ihn zu verurteilen. Das ist leichter, als die Perspektive des Gegenübers zu verstehen. Wandas Statement verstehe ich also nicht speziell auf den Sexismus bezogen, sondern eher allgemein.
Im Film geht es um verschiedene Versionen der eigenen Persönlichkeit. Auf welche Art von Persönlichkeiten deiner selbst würdest du in einem Multiversum treffen?
Das ist etwas, worüber ich viel nachgedacht habe, während ich den Film promotet habe. Welche Situationen bringen eine andere Persönlichkeit von oder in uns zum Vorschein? Und wie man sich verändert hätte, wenn man andere Entscheidungen getroffen hätte.
Ich zum Beispiel studierte in New York Theater und fing nebenher zum Arbeiten an. Wie würde mein Leben aussehen, wenn mich die Brown University aufgenommen hätte, die eigentlich meine erste Wahl war und die nicht in New York ist? Es würde mich interessieren, was ich gemacht hätte, wäre ich nicht nach New York gegangen. Ich weiß es nicht, was ich in einem Multiversum finden würde.
Bei jeder Entscheidung habe ich solche Gedanken. Besonders in jungen Jahren prägen dich die Entscheidungen, die du triffst. Ich denke sogar manchmal darüber nach, was gewesen wäre, wenn meine Eltern meine Schwestern nicht zu einem Vorsprechen mitgenommen hätten. Welche Auswirkungen hätte das auf mein Leben gehabt? Es sind also nicht nur unsere Entscheidungen, sondern auch die Entscheidungen der Menschen in unserem Leben, die unser Leben beeinflussen.
Mich interessiert also sehr, welche Ereignisse uns dahin führen, wo wir heute sind – und dass Ereignisse großen Einfluss auf unser Leben haben können, auch wenn sie zum damaligen Zeitpunkt nicht wirklich wichtig erschienen sind.
Gibt es Ähnlichkeiten zwischen dir und Wanda?
Es ist komisch, das über mich selbst zu sagen, aber ich versuche, mich nicht von den lauteren Stimmen und der Welt beeinflussen zu lassen und meine eigene Perspektive in den Vordergrund zu stellen. Meine Sichtweise teile ich nicht allzu oft mit der Öffentlichkeit, aber ich teile sie gerne mit Leuten bei einem Gespräch beim Abendessen! (lacht)
Wandas unabhängiges Denken ist also etwas, in dem ich mich wiedererkenne. In diesem Aspekt verteidige ich sie und kämpfe für sie, auch wenn sie vielleicht Teil des größeren Konflikts in den MCU-Filmen war.
Du spielt Wanda Maximoff nun schon seit vielen Jahren. Was hast du an dir im Rahmen von "Doctor Strange in the Multiverse of Madness" Neues entdeckt?
Man muss sich natürlich am Drehbuch orientieren und man kann nicht zu viele Dinge daraus ändern. Also versuche ich herauszufinden, wie ich mich in keiner Weise wiederholen kann und wie ich den Charakter der Figur erweitern kann.
Es ist bereits acht Jahre her, als wir "Age of Ultron" gedreht haben, da war ich 25. Zwischen 25 und 33 gibt es eine Reise, ich bin gewachsen und das möchte ich auch in Wanda widerspiegeln. Mir ist es wichtig zu zeigen, dass Wanda ihr inneres Chaos hinter sich gelassen hat und nun bei sich angekommen ist. Wir haben Wanda noch nie so endgültig und pur gesehen wie in diesem Film. Ich hoffe, dass das viele Möglichkeiten in der Story mit sich bringt.
Ich weiß nicht, wie es nach "Doctor Strange" für mich weitergehen wird, aber ich bin schon sehr gespannt darauf. Ich denke generell, dass der Film eine Art Übergang darstellt, denn das Multiversum hat viele Möglichkeiten des Geschichtenerzählens eröffnet. Das ist sehr aufregend.
Apropos: Aufgrund des Muliversums gäbe es nun auch die Möglichkeit, eine andere Schauspielerin in der Rolle der Wanda zu sehen. Gibt es eine Schauspielerin, die du dir dafür besonders wünschen würdest?
Interessante Frage! Es gibt sehr viele Schauspielerinnen, die ich wahnsinnig toll finde. Kürzlich habe ich Jodie Comer [aus "Killing Eve"; Anm.] im Theaterstück "Prima Facie" gesehen und sie hat mich vom Hocker gehauen! Sie ist eine fabelhafte Schauspielerin und ich glaube, sie wäre eine bessere Wanda als ich! (lacht)
Ich würde außerdem sehr gerne eine ältere Version von Wanda sehen. In den Comics sehen wir sie altern und deshalb denke ich, könnte das auch in den Filmen möglich sein. Das könnte Spaß machen.
Betty White wäre eine großartige Wanda gewesen.
Oh ja, Betty war toll. Oder Jean Smart fällt mir spontan dafür auch ein!
“Doctor Strange in the Multiverse of Madness” läuft ab 4. Mai in den Kinos. Hier geht’s zu den Spielzeiten.