Dolores Schmidinger von der Stadt Wien ausgezeichnet
Die Schauspielerin, Kabarettistin, Regisseurin und Autorin Dolores Schmidinger (77) ist am Montagnachmittag in Anwesenheit von Wiens Bürgermeister Michael Ludwig (SPÖ) im Wiener Rathaus mit der "Ehrenmedaille der Bundeshauptstadt Wien in Gold" ausgezeichnet worden.
"Sie sind der Inbegriff einer Volksschauspielerin: witzig, intelligent, frech", meinte Kulturstadträtin Veronica Kaup-Hasler (SPÖ) zur Geehrten und hob ihr beständiges politisches Engagement hervor: "Immer waren Sie bei den Benachteiligten!" Schmidinger habe auch für die heutige Frauengeneration viel erkämpft: "Metaphorisch gesprochen stehen wir auf Ihren Schultern."
Der Kabarettist, Journalist und Moderator Dieter Chmelar hielt die Laudatio: "Du bist nicht nur ausgestattet mit dem gewissen Etwas, du hast auch etwas Gewissen!", versicherte er und wünschte ihr, "dass du so alt bist, dass du dich endlich vor dich hinstellst und sagst: Ich bin was wert! Du hast diesen Preis verdient, denn Du bist was wert." Er schloss mit "Respekt und Dankbarkeit, liebe Dolly. I love you!"
"An alte Künstler werden ja Leckerlis verteilt, aber ich empfinde das nicht als Leckerli, sondern als wirkliche Ehre", meinte Schmidinger in ihren Dankesworten und verriet: "I hob meine Preise am Klo. Das ist nicht so aufdringlich wie wenn man es im Vorraum hat." Auf ihrer Toilette, die schon langsam zu klein dafür werde, befinde sich aber auch der "Oscar der Friseure" und die Ehrenurkunde für 40-jährige Parteizugehörigkeit bei der SPÖ.
Die am 21. September 1946 in Wien geborene Tochter eines Staatsopernsängers und einer Lehrerin absolvierte neben einer Kosmetikerinnenlehre die Schauspielschule Krauss. Schon nach ihren ersten Engagements in Kellertheatern und in Gerhard Bronners Kabarett "Theater am Kärntnertor" trat sie in zahlreichen Kabarettsendungen im Fernsehen auf. 1965 wurde sie ans Volkstheater engagiert und spielte dort u.a. die Polly in Bertolt Brechts "Dreigroschenoper" und die Julie in Molnars "Liliom". Bei der legendären "Rozznjogd"-Uraufführung 1971 spielte sie an der Seite von Franz Morak.
Mit ihrem ersten Mann, dem Musiker Dai King, begann sie Lieder zu schreiben und feierte 1977 mit dem Liedprogramm "Gurken haben keine Tränen" ihren ersten größeren Erfolg. Es folgten weitere Shows, LPs, Musical-Engagements im Theater an der Wien (u.a. "Cabaret") und Ausflüge nach Deutschland, u.a. ans Hamburger Thalia Theater. 1979 wurde Schmidinger Mitglied des Theaters in der Josefstadt, wo sie u.a. Shakespeare, Horvath und Nestroy spielte, aber auch Peter Turrinis "Grillparzer im Pornoladen" an der Seite von Otto Schenk (1994).
Mit "Immer bins i!" legte sie 1988 ihr erstes eigenes Kabarettprogramm vor, zwei Jahre später gelang ihr "Mit den Waffe(l)n einer Frau" der Durchbruch auf diesem Sektor. Es folgten u.a. "Die nackte Matrone", "Domina im Ausverkauf" oder "Die Queraussteigerin". Ein breites Publikum erreichte sie aber auch durch ihre zahlreichen Auftritte in Film und Fernsehen, u.a. in Houchang Allahyaris "I love Vienna" und den ORF-Serien "Kaisermühlenblues" oder "Ein echter Wiener geht nicht unter".
Seit 2005 fügte sie ihrer vielseitigen Biografie auch eine erfolgreiche Regiekarriere hinzu: Ihrem Regiedebüt bei den Leharfestspielen in Bad Ischl mit Millöckers "Bettelstudent" folgten u.a. Inszenierungen im Simpl, den Kammerspielen und im Kosmos Theater. Mit "Zigeunerbaron" und "Der fidele Bauer" (2010) in Bad Ischl oder einem slapsticklastigen "Vogelhändler" in Linz (2008) etablierte sie sich als Operettenspezialistin.
Für Diskussionen sorgte sie wegen ihrer unübersehbaren Schönheitsoperationen - und verteidigte ihr gestrafftes Gesicht mit jener Offenheit und jenem Selbstbewusstsein, das sie immer schon ausgezeichnet hat. So sorgte die Mutter zweier Töchter 1995 für Aufsehen, als sie für ein Plakat der Aids-Hilfe nackt posierte. Offen äußerte sie sich aber auch über jüngere Liebhaber als Unterstützung beim Jungbleiben, ihre überwundene Alkoholsucht und Bulimie.
Ihr 1998 erschienenes Buch "Raus damit! Bulimie: ein autobiografischer Ratgeber" wurde zum Bestseller. Ihre "unartige Biografie" nannte sie: "Ich hab sie nicht gezählt" (2012). Mit ihrem Buch "Hannerl und ihr zu klein geratener Prinz" (2021) gab sie einen humorvollen Einblick in ihre Familiengeschichte.
Zu Schmidingers bisherigen Auszeichnungen zählen u.a. der Karl-Skraup-Preis (1975), der Nestroy-Ring der Stadt Wien (1988), der Salzburger Stier (1994) und das Silberne Ehrenzeichen für Verdienste um das Land Wien (2003).