Christoph Maria Herbst: "Harmonie um jeden Preis ist grauenhaft"
Christoph Maria Herbst (56) schlüpft erneut in seine Rolle als Stephan Berger in "Der Nachname" (Kinostart: 20. Oktober). Während im Vorgänger "Der Vorname" ein Streit über den Namen des Nachwuchses und den scherzhaften Vorschlag "Adolf" eskaliert, dreht sich der Familienzwist dieses Mal um den Nachnamen der Familie, den ein Mitglied durch eine Heirat abgelegt hat und damit auf Unverständnis stößt. Zum Star-Ensemble von Sönke Wortmanns (63) Fortsetzung zählen zudem erneut Iris Berben (72), Florian David Fitz (47), Caroline Peters (51), Justus von Dohnányi (61) und Janina Uhse (33).
Im Interview mit der Nachrichtenagentur spot on news erzählt Herbst, wie das Wiedersehen mit den Kollegen war, wie sich seine Rolle verändert hat und warum der Drehort Lanzarote für ihn besonders ist. Zudem verrät der Schauspieler, wie in seiner eigenen Familie früher Konflikte gelöst wurden und ob er heute gerne diskutiert.
Ihre Rolle Stephan findet den Nachnamen nicht unwichtig und sagt: "Der Nachname ist das, was von uns bleibt". Sehen Sie das auch so?
Christoph Maria Herbst: Könnte man denken vom Stammhalter, der einer eher wertkonservativen, katholischen Familie entstammt, oder? Dem ist aber nicht so, wie ich finde. Wir würden unserer Spezies, denke ich, nicht gerecht, reduzierten wir sie auf ein paar Buchstaben. Wichtiger sind doch wohl Spuren, Taten, Werke, die wir zurücklassen. Und der Dichter wusste eh: Name ist Schall und Rauch.
Haben Sie sich je Gedanken gemacht um Ihren Nachnamen und sind Sie zufrieden mit ihm?
Herbst: Sagen wir so: Ich bin ganz glücklich über meinen Zweitnamen. Wer hätte das gedacht? Als Heranwachsender schämte ich mich noch für ihn. Ich schätze, mit einem Nachnamen kann man nur so zufrieden sein, wie es einem die Vornamen erlauben. Da hatte ich Glück.
Wie war das Wiedersehen mit Ihren Kollegen am Set?
Herbst: Es fühlte sich an, als knüpften wir unmittelbar an die Dreharbeiten zu "Der Vorname" an. Nachvollziehbar - saßen wir doch mit denkbar breitest dickem Hintern auf unseren Figuren. Das ist total toll, wenn man Zeit nicht mehr dafür verschwenden muss, einen Charakter zu suchen, sondern man stattdessen aus dem bereits Gefundenen schöpfen kann. So konnten wir uns auf unsere Wiedersehensfreude und das Machen konzentrieren.
Was waren die größten Unterschiede beim Dreh im Vergleich zu "Der Vorname"?
Herbst: Nun ja, da wo "Der Vorname" sich geradezu klaustrophob anfühlte wegen Esszimmer-Wohnzimmer-Wohnzimmer-und wieder Esszimmer, hatten wir auf der Insel alle nur denkbaren Freiheiten. Aber auch mit denen mussten wir erstmal umzugehen lernen: Die Sonne brannte besonders hell, der Wind war durchweg böig und die Nächte äußerst frisch im T-Shirt. So mancher Take musste mehrfach gedreht werden, da verwirbeltes Haar zu sehr das Gesicht verdeckte, und nein, hier spreche ich jetzt ausnahmsweise mal nicht von mir ...
Einen besonderen Schlagabtausch liefert sich Stephan immer wieder mit Schwager Thomas. Wie ist die Zusammenarbeit mit Florian David Fitz?
Herbst: Gold. Man kann super rumblödeln mit ihm, dabei aber auch immer was finden, dass in die Spielsituation passt. Zudem ist er sehr genau und dabei auch noch im selben Maße sympathisch. Herbst, was willst Du mehr?
Waren Sie zuvor schon einmal auf Lanzarote und welchen Eindruck haben Sie von der Insel?
Herbst: Auf der Insel habe ich vor Urzeiten das Tauchen gelernt. Für mich war es also fast sowas wie Nach-Hause-Kommen. Die Insel hat einen ganz eigenen spröden Charme, aber auch etwas Magisches, dem man sich kaum entziehen kann. Das Auge kann dort prima entspannen, da es dort nicht allzu viel gibt, woran es sich festhalten kann.
Inwiefern hat sich Ihre Rolle verändert zwischen "Der Vorname" und "Der Nachname"?
Herbst: Im zweiten Teil könnte man fast glauben, Professor Berger sei doch ein Mensch. Unter dem Einfluss irrtümlich eingeworfener bewusstseinserweiternder Drogen wird er jedenfalls erfreulich weich und macht auf. Das tut der Figur gut. Außerdem darf er den schweinchenrosafarbenen Schlafanzug von René tragen - süßer geht's ja wohl kaum.
Was mögen Sie an Stephans Eigenheiten am liebsten?
Herbst: Gibt's da welche? Hm. Sein scharfer Verstand, sein schneidender Witz, seine intellektuelle Beweglichkeit - in den richtigen Dosierungen wären sie nicht schlecht, aber daran muss er noch arbeiten.
"Der Nachname" zeigt den ganz normalen Familienwahnsinn mit Streitigkeiten und Diskussionen. Wie ging es in Ihrer Familie früher zu, wie haben Sie Konflikte gelöst?
Herbst: Mein Vater war, wie soll ich sagen, ein sanfter Patriarch. Streitigkeiten oder ähnliches wurden eher "von oben" beendet, als dass basisdemokratisch abgestimmt worden wäre. Das hatte Fürs und Widers. Dass ich dennoch ensemblefähig bin, hab ich danach in so manchen Theatern bewiesen.
Was haben Sie daraus für Ihr Leben mitgenommen, sind Sie konfliktscheu oder diskutieren Sie gerne?
Herbst: Harmonie um jeden Preis ist grauenhaft. Dinge müssen benannt werden, auf den Tisch. Verdrängung funktioniert nicht. Alles Weggeschobene fliegt einem früher oder später dreifach um die Ohren. Ich bin immer auf der Suche nach Kompromiss. Anders funktioniert weder das sensible Räderwerk unter vielen am Set, noch ein liebevolles Miteinander zu zweit.
In der Filmfamilie werden einige Geheimnisse voreinander bewahrt. Können Sie gut Geheimnisse für sich behalten?
Herbst: Nö. Ich bin nicht nur ein schlechter Lügner, sondern auch einer, der etwas Besonderes mit seinem Partner teilen muss. Ich würde sonst platzen.
Ist für Sie die Geschichte der Familie Böttcher-Berger-König mit "Der Nachname" abgeschlossen oder würden Sie sich eine erneute Rückkehr wünschen?
Herbst: Wenn es eine belastbare Idee gäbe, mit der wir die Trilogie voll machen könnten, stünde ich liebend gern für "Der Kosename", "Der Zweitname" oder "Der Deckname" zur Verfügung.
//