Filmkritiken

SHAKESPEARE AUF DEN ZWERG GEKOMMEN

Bei der Aussicht auf Wichtel im Kino könnte mancher allergisch reagieren, seit die penetrante Zipfelmützen-Gang der "7 Zwerge" aus dem deutschen Wald vor ein paar Jahren wiederholt zugeschlagen hat. Die roten und blauen Gartenzwerge aus dem Hause Disney stehen hingegen in zwei aneinandergrenzenden Vorgärten im nicht unbekannten britischen Städtchen Stratford-upon-Avon und lassen sich scheinbar durch den Geist des großen Stadtpatrons zu einer erbitterten Feindschaft hinreißen.

Der beiden kleinen Gewalthaufen treten in Rasenmäher-Rennen gegeneinander an und treiben es so weit, bis einige von ihnen in Scherben gehen, während die rote Julia und der blaue Gnomeo im Zeichen einer Orchidee zusammenfinden und innige Gefühle füreinander entwickeln. Gemessen am Krawall, den die andern schlagen, kann sich diese zarte Zwergenliebe aber kaum Gehör verschaffen – jedenfalls nicht in ausreichendem Maße und wie es dem literarischen Vorbild angemessen wäre. So setzt diese kindergerechte Produktion eben in erster Linie auf zuckerlbunte Action und weniger auf große Gefühle.

Kein Wunder, schließlich haben wir es hier eigentlich mit einer Ansammlung aus Beton, Keramik, Plastik, Gummi und Vinyl zu tun, die nur zum Leben erwacht, wenn gerade kein Mensch in der Nähe ist; andernfalls fällt die ganze kleine Gartenpartie so fachgerecht in Starre, dass sie beim Spielzeug von „Toy Story“ in die Lehre gegangen sein muss. Einmal belebt sich sogar die Shakespeare-Statue im Stadtpark, um dem in die Fremde verschlagenen Gnomeo alle Illusionen über einen glücklichen Ausgang der Geschichte zu nehmen, weil für den Dichter nur ein totes Liebespaar einen wirkungsvollen Abschluss garantiert.

Musikalisch steht das Werk ganz im Zeichen Elton Johns, der auch als ausführender Produzent tätig wurde und sich im Film, abgesehen von den rund ein Dutzend Songs, etliche andere Denkmäler gesetzt hat. Diese Präsenz des Entertainers fügt dem Werk einen weiteren Schwachpunkt hinzu, denn dadurch gewinnt „Gnome & Julia“ mitunter den Charakter einer penetranten Werbeveranstaltung für E.J..

Noch viel schwerer wiegt allerdings, dass uns die die Deutschen schon wieder den Spaß verderben wollen! In einer gnadenlos verquasten Synchro sind diverse Komiker zum Kauderwelschen aufgelegt und wirken mit ihren akzentuierten Spompanadeln gnadenlos dem Sprach-Charme der Originalfassung entgegen. Daher sei allen die OV ans Herz gelegt, welche mit einigen stimmlichen Überraschungsgästen aufwarten kann.

Neben Emily Blunt und James McAvory in den Hauptrollen spricht etwa Michael Cain das Oberhaupt der Rotmützen, während als Gräfin Blaublut, Anführerin der Gegenpartei, Maggie Smith ein Wörtchen mitzureden hat. Und die Freude an der Geschichte steigert sich, wenn man weiß, dass für den roten Kraftbold Tybalt kein Geringerer als Jason Statham verpflichtet wurde, der fiese Faun (ein Betonhirsch mit schwarzer Seele) von Ozzy Osbourne Leben eingehaucht erhält und hinter dem größten Rasenmäher der Welt namens Terrafirminator (einer Zeitbombe auf 2 Rädern) Hulk Hogan steckt. Gegenüber einem solchen Großaufgebot an Stars, denen die Zunge am rechten Fleck sitzt, müssen die deutschen Spaßgaranten Anke Engelke und Bürger Lars Dietrich zwangsweise verzwergt dastehen, obwohl sie noch am erträglichsten im Vergleich zu anderen Mitsprechern klingen.

Daher 7 (bzw. für die Synchronfassung leichtgewichtige 4) Punkte auf meiner 10stelligen Zwergenfilm-Skala.

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