SEXUALFORSCHER UND REGENMACHER IN HEMDSÄRMELN
Von Alexandra Seibel
Zwei Mal musste der Sexualforscher Wilhelm Reich mitansehen, wie seine Bücher verbrannt wurden: Einmal von den Nazis, und einmal von der Gesundheitsbehörde im US-Exil.
Regisseur Antonin Svoboda konzentriert sich in seinem elegant ausgestatteten und sorgfältig fotografierten Familiendrama auf die letzten Jahre eines Querdenkers, dessen schräge (Sexual-) Thesen ihn ins Gefängnis brachten. Klaus Maria Brandauer als hemdsärmeliger Reich aber bleibt in das Korsett der englischen Sprache gezwängt ungewöhnlich blass. Auch der Rest des deutsch-österreichischen Ensembles scheint unter mangelndem Charisma zu leiden. Angespannt werden am Mittagstisch die väterlichen Thesen durchbuchstabiert, in dem Versuch, ihre Bedeutung (dem Publikum) zu erklären. Reich bastelt seltsame Liebeskabinen und versucht sich als Regenmacher. Doch sein Denken wirkt nicht radikal, sondern schrullig, und die Dramatik seines Lebens zwischen Exil und Kaltem Krieg wird niemals wirklich spürbar oder gar zwingend.