Filmkritiken

SEITENSPRUNG MIT HOTDOG

Auch der Präsident der Vereinigten Staaten bedient sich des ältesten Schmähs der Welt: „Darf ich Ihnen meine Briefmarkensammlung zeigen?“ fragt Franklin D. Roosevelt – kurz: FDR – seine Cousine fünften Grades. Und wenig später schon hat er seine Hand auf ihrem Knie und sonst wo.

Bis zum Jahr 1991 wusste die Welt nicht, dass es dieses erotische Verhältnis überhaupt gab. Erst als Margaret „Daisy“ Suckley – besagte Cousine – hundertjährig verstarb, konnte man sich in ihren Tagebüchern über die Affäre schlaumachen.

Regisseur Roger Michell („Notting Hill“) nahm diese Enthüllungen zum Anlass, um daraus eine Art Mittsommernachtskomödie zu basteln, die noch etwas mehr Komödie vertragen hätte. Immerhin konnte er für die Rolle des FDR den komisch-lakonischen Bill Murray gewinnen, der mit gebleckten Zähnen den Frauen und den Journalisten-Kameras entgegen grinst. Murray spielt den anlassigen Präsidenten einen Hauch degoutant, während Laura Linney als das beglückte Fräulein zumeist ein demütig-verliebtes Gesicht macht. Und gerade, als die Affäre am Höhepunkt ist – wir schreiben Juni 1939 –, kommt erstmals das britische Königspaar nach Amerika und besucht Roosevelt auf seinem Landsitz Hyde Park am Hudson.

Nun ist der stotternde König Georg VI. der cinephilen Menschheit schon deswegen ein Begriff, weil er als Hauptfigur in „The King’s Speech“ mit einer Menge Oscars überhäuft wurde. Und auch hier ist „Bertie“ – so sein Kosename – wieder wild am Stottern. Doch FDR – aufgrund seiner Kinderlähmung gehbehindert – bietet dem Briten über einem Glas Whiskey (und unter Ausschluss der mühsamen Ehefrauen, versteht sich) seine Männerfreundschaft an.

Und letztlich auch seinen Beistand gegen Hitler.

Zu einen der witzigsten Szenen in einer ansonsten leicht dahin plätschernden Bio-Pic-Angelegenheit, zählt zweifellos ein Picknick, bei dem die pikierten Royals die US-Wählerschaft auf ihre Seite ziehen sollen. Zu diesem Zweck beißt Bertie mit Todesverachtung in einen garnierten Hotdog – und beweist damit den jubelnden Amerikanern seine Volksnähe.

Dass Daisy in der Nacht des königlichen Besuches eine große Liebesschlappe erlebt, berührt uns ebenfalls nur sachte. Wie letztlich alles eine nett erzählte, zart amüsante Fußnote bleibt – zwischen Seitensprung und Staatsräson.

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