Filmkritiken

"Schneemann": Ein unterkühlter Psychothriller

Skandinavien bietet für einen Serienkiller, der immer dann aktiv wird, wenn Schnee fällt, ein gutes Arbeitsklima. Tatsächlich macht der unheimliche Mörder geradezu Überstunden und seine Bluttaten wären für ihn nicht perfekt, wenn er nicht zugleich auch in unmittelbarer Nähe der Tatorte einen kleinen Schneemann bauen würde, dessen traurige Gesichtszüge aus Kaffeebohnen bestehen und der wie hilfesuchend klägliche Ärmchen aus dürren Ästen emporstreckt.

Kein Interesse mehr

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Obwohl der Film mit lauter edlen Namen aufwarten kann und sie im Vorspann auch stolz aneinanderreiht, verliert sich das Werk allzu oft in Nebenhandlungen und wir verlieren schließlich das Interesse an der Lösung des Falles. Manche Szenen wirken richtig angeklebt, als hätten sie nur den Zweck, noch einen weiteren Star vorzuführen. So erleben wir etwa Chloë Sevigny, die ihre eigene Zwillingsschwester spielt, wobei diese Verdoppelung aber völlig unmotiviert bleibt, weil sie überhaupt nichts zur Handlung beiträgt.

Unterforderte Darsteller

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Michael Fassbender braucht einige Zeit, bevor er als schwer alkoholisierter Kommissar zur Bestform aufläuft. Rebecca Ferguson verfolgt als Nachwuchsbeamtin mit geheimnisvoller Vergangenheit ihre sehr speziellen Ziele, bei denen auch O.K. Simmons als unsympathischer Erfolgsmensch in Erscheinung tritt, was ebenfalls ein paar Ablenkungsmotive ergibt. In einer Rückblende geht es dann auch noch um ein neun Jahre zurückliegendes Verbrechen, zu dessen Aufklärung sich Val Kilmer als Ermittler eingeschaltet hatte. (Der Mann ist sensationell erschlankt, hat dafür aber offenbar so viel Botox intus, dass er kaum noch sprechen kann.) Toby Jones - derzeit auch in Hanekes „Happy End“ zu sehen - darf ein paar Sätze von sich geben, und Charlotte Gainsbourgh hat eine eher undankbare Rolle, bei der sich zuletzt die Schlinge um ihren Hals zusammenzieht.

Giallo aus dem Norden

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Die Verfilmung des düsteren norwegischen Krimi-Bestsellers möchte wohl eine Art unterkühler Giallo sein und vereinigt etliche Kennzeichen dieses italienischen Krimi-Genres. So ist es zum Beispiel ganz unverzichtbar, dass der Psychokiller schwarze Handschuhe trägt, und wenn er in krakeliger Kinderschrift unheilverkündende Botschaften schreibt, hat er ebenfalls einen Giallo-typischen Werdegang aufzuweisen: ein traumatisierendes Kindheitserlebnis sorgte dafür, dass ihm bei bestimmten Reiz-Themen die Sicherungen durchbrennen. Sogar das Mordwerkzeug - eine elektrische Drahtschlinge, die sich gut zum Abtrennen von Körperteilen eignet - wurde aus einem älteren Film („Trauma“) von Giallo-SpezialistenDario Argentoausgeliehen.

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Das Spionage-Milieu liegt Regisseur Tomas Alfredson eindeutig besser, wie er uns durch seine stimmige Le Carré-Verfilmung „Dame, König, As, Spion“ vor ein paar Jahren bewiesen hat. Sein „Schneemann“ lässt uns hingegen merkwürdig kalt - aber vermutlich ist das für einen Film, dessen Temperaturen nicht über den Gefrierpunkt hinauskommen, auch die einzig angemessene Reaktion.5 von 10 blutigen Eiswürfeln

franco schedl