Filmkritiken

SCHMUGGELWARE AUS DEM IRAN

Nach Marathonverhandlungen mit dem Iran über dessen Atomprogramm haben die UNO-Vetomächte und Deutschland erst vor wenigen Tagen in Wien eine historische Einigung erzielt. Internationale Medien sehen darin ein Zeichen, dass sich das politische Klima im Iran gebessert hat.

Mit "Taxi Teheran" kommt nun ein Film ins Kino, bei dem man überprüfen kann, wie es der Iran mit Menschenrechten hält. Vor fünf Jahren wurde der regimekritische Regisseur Jafar Panahi zu sechs Jahren Haft und 20 Jahren Berufs- und Reiseverbot verurteilt.

Seitdem ist jede öffentliche Wahrnehmung seiner Filme auch eine Demo für die Freiheit der Kunst und für das Recht auf freie Meinungsäußerung. Panahi, dessen Haft inzwischen in Hausarrest umgewandelt wurde, denkt offenbar nicht daran, tatenlos zu Hause zu sitzen. Er hört nicht auf, das iranische Regime anzuprangern.

Auf abenteuerlichen Wegen – etwa als USB-Stick in einem Kuchen – wurden die letzten beiden Filme Panahis aus dem Iran geschmuggelt. Bisher hatten sich die Mullahs mit Strafsanktionen gegen den unliebsamen Regisseur zurückgehalten, um nicht weitere internationale Sanktionen zu riskieren.

Denn Panahi ist der mit den meisten internationalen Filmpreisen bedachte Regisseur des Irans, und eine neuerliche Inhaftierung hätte vielleicht Sand ins Getriebe der Wiener Atomverhandlungen gebracht. Ob diese Verhandlungen auch den Umgang des Irans mit regimekritischen Künstlern positiv beeinflussen werden, bleibt abzuwarten.

In seinem neuesten Film sitzt Panahi am Steuer eines Taxis, mit dem er kreuz und quer durch Teheran fährt. "Ist das eine Alarmanlage?", wird er von einem Fahrgast gefragt, der die Kamera auf dem Armaturenbrett bemerkt. Panahi sieht sie als Überwachungskamera, die der Welt zeigen soll, dass noch vieles faul ist in der Islamischen Republik.

Obwohl der Schauplatz des Films auf das Innere des Taxis beschränkt ist, gibt er Einblicke in ein breites gesellschaftliches Spektrum.

Die Geschichten, die von den Fahrgästen erzählt werden, reichen von Tragödien und banalen Alltagsdramen bis zu Komödien. Kaum ein Thema wird ausgespart. Von der Haltung zur Todesstrafe, über eheliche und interkulturelle Beziehungen, bis zu religiösen Fragen und zum Konflikt zwischen eigenen Ethik- und Moralvorstellungen und dem islamischen Kodex.

Panahi lässt sein Publikum bewusst im Unklaren, ob es sich bei den Protagonisten um zufällige Fahrgäste handelt, die eigene Geschichten erzählen, oder ob er diese zum Schutz der Menschen, die es wagen den Mund aufzumachen, von Schauspielern nachsprechen lässt.

Panahi hat " Taxi Teheran" nach einer eigenen Lebenskrise gedreht, die ihn sogar mit Suizidgedanken spielen ließ. Umso deutlicher gibt er zu verstehen, dass er sich nun weniger denn je vom Regime unterkriegen lassen will.

Welche Filme Panahi selbst schätzt, wird klar, als er in seinem Taxi einen Schwarzhändler von im Iran verbotenen Hollywoodfilmen chauffiert, der ihn zum Komplizen machen möchte. Woody Allens "Midnight in Paris" ist dabei, und Panahi macht sich mit der Aufzählung von ähnlich harmlosen und dennoch verbotenen Filmen über die Zensur lustig.

Der Goldene Bär, mit dem der Film bei der Berlinale ausgezeichnet wurde, galt wohl in erster Linie dem politischen Mut Panahis und weniger dem künstlerischen Anspruch des unter repressiven Bedingungen gedrehten Films.

Dem Publikum bietet Panahi ein ebenso politisches wie satirisches und berührendes Lehrstück, das man unbedingt sehen sollte.

KURIER-Wertung: *****
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