SCHEIDUNG MIT FÜHRERSCHEIN
Von Alexandra Seibel
Eine Frau wird von ihrem Mann verlassen, natürlich wegen einer Jüngeren. Es kommt zu wilden Streitereien und wüsten Beschimpfungen alles in einem Taxi.
Der Lenker Ben Kingsley hält sich dezent im Hintergrund. Er bringt die verheulte Frau nach Hause und liefert ihr am nächsten Tag auch noch ein Paket hinterher, das sie in seinem Auto liegen gelassen hat.
Und weil die Frau keinen eigenen Führerschein besitzt, weil natürlich immer der Ex-Gatte gefahren ist, beschließt sie, Fahrstunden zu nehmen. Bei Ben Kingsley.
Oscarpreisträger Kingsley ("Gandhi") spielt hier einen Sikh, trägt Turban und nennt sich Darwan. Darwan ist eigentlich von Beruf Universitätsprofessor (was sonst?), aber da er seine Kopfbedeckung nicht abnehmen möchte, bleibt er lieber Taxler und Fahrlehrer. Man sieht schon: Der Mann ist tiefreligiös und bescheiden.
Damit steht er in schönem Kontrast zu seiner neuen Schülerin Wendy: Diese zählt zur New Yorker Oberschicht, bewohnt ein luxuriöses Stadthaus und verdient jede Menge Geld mit Literaturkritiken (das waren noch Zeiten!). Im Moment allerdings sitzt sie leicht hysterisch neben Darwan auf dem Fahrersitz, kämpft mit ihrer Lebenskrise und dem Gaspedal.
Eine Culture-Clash-Komödie. Man will den abgegriffenen Namen gar nicht mehr aussprechen.Umso weniger, als sich im romantischen Komödchen von Regisseurin Isabel Coixet weniger die Kulturen als die Klischees treffen. Denn viel mehr als exotische Folklore tragen Darwan und seine spätere aus Indien importierte Ehefrau nicht zur Geschichte bei.
Dafür werden hinter dem Lenkrad bedeutende Lebensweisheiten ausgetauscht. Tiefsinnige Einsichten ("Wenn man Angst hat, passt man besser auf") bereichern jede Fahrstunde mit fernöstlicher Weisheit.
Patricia Clarkson als übersensibilisierte Stadtneurotikerin Wendy kann vom indischen Taxler eine Menge lernen nicht zuletzt Autofahren. Ihr und Kingsley verdankt sich schließlich auch ein schauspielerisch hohes und ansprechendes Niveau im ansonsten eher flachen Gefilde der Drehbuch- und Inszenierungsideen.
Auf einem einsamen Parkplatz in Queens beispielsweise erinnert sich Wendy gedankenschwer an ihren verlorenen Vater. Und siehe da, schon biegt der Papa ums Eck (nur in Wendys Fantasie, natürlich), nimmt rüstig auf dem Rücksitz Platz und hält eine lange Rede darüber, dass man zum Leben eigentlich nicht mehr braucht als ein Auto.
Aber was solls. Frauen Mitte Fünfzig bekommt man ohnehin nicht übermäßig oft in Filmhauptrollen zu sehen (es sei denn, sie leiden an Alzheimer). So gesehen bietet die patente Patricia Clarkson zumindest eine ansehnliche Abwechslung im meist doch recht jugendlichen Fach der romantischen Komödie.