Filmkritiken

ROTZFRECH UND VERLETZLICH

2012 haben Sabine Hiebler und Gerhard Ertl die Liebesgeschichte eines Paares „Anfang 80“ erzählt. Nun ist das filmschaffende Duo am anderen Ende des Altersspektrums angelangt. Die Handlung ihres neuen Projekts spielt zwar im Jugendmilieu; eine konventionelle Teenagerromanze dürfen wir uns aber trotzdem nicht erwarten - dafür sind die Hauptfiguren viel zu ungewöhnlich. Die halbwüchsige Mae trägt knallig rotes Haar und die Converse-Schuhe ihres früh verstorbenen Bruders. Ihr Sozialverhalten stößt die meisten Menschen vor den Kopf, denn sie kaschiert ihre Unsicherheit mit provokanter Aufmüpfigkeit.

Als sie bei einer nächtlichen Sprayer-Aktion am Bahnhof von der Polizei aufgegriffen wird, verknackt sie ihr Bewährungshelfer zu einer Sozialstrafe im AIDS-Hilfe-Haus. Dort lernt sie den schwer erkrankten Paul kennen, der es fertig bringt, durch seine „innere Punkigkeit“ das Mädchen aus der trotzigen Isolation herauszulocken. Doch für die aufkeimende Liebe zwischen den beiden jungen Menschen bleibt nicht viel Zeit: obwohl - oder gerade weil - Mae über den Krebstod ihres Bruders nie hinweggekommen ist, lässt sie sich auf ein intensives Erlebnis ein, das schmerzlich aber zugleich auch zukunftsweisend für sie enden wird.

„Chucks“ ist eine unglaublich gut gelungene Romanverfilmung, bei der sich die 23jährige Anna Posch als Idealbesetzung für die weibliche Hauptrolle erweist: rotzfrech und verletzlich zugleich trägt sie den Film buchstäblich in jeder einzelnen Szene und harmoniert ausgezeichnet mit ihrem Leinwandpartner Markus Subramaniam. Wesentlich schwieriger gestaltet sich da schon die Annäherung an ihre Filmmutter Susi Strach, was aber auch gut nachvollziehbar ist - wie soll man zu einem Menschen, der seinen Geburtstag in Form einer Tupperware-Party feiert, bitte schön eine richtige Beziehung aufbauen können?

Nicht nur vor der Kamera war Frauenpower vertreten: Für den wirkungsvollen Soundtrack wurden starke Frauenstimmen aus der zeitgenössischen österreichischen Musikszene eingesetzt. 8 von 10 surrealistisch anmutenden Axolotls für unser Filmaquarium.

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