"Remember": Ein alter Mann mit Waffe im Gepäck
Zev Guttman ( Christopher Plummer) hat ein Alter erreicht, in dem bereits der Gang von einem Zimmer ins andere zu einem echten Abenteuer werden kann. Gebrechlichkeit ist aber gar nicht sein Hauptproblem – vielmehr hat der 90-Jährige gegen beginnende Demenz anzukämpfen. Dennoch verlässt er eines Nachts sein Altersheim und beginnt eine große Reise quer durch die USA (inklusive einem Abstecher über die kanadische Grenze).
Unterwegs mit einer Glock-Pistole
Wichtigstes Accessoire in seinem spärlichen Gepäck ist eine Glock-Pistole – und er ist fest entschlossen, sie auch anzuwenden, sobald er einen bestimmten Mann aufgespürt hat. Der Auschwitz-Überlebende wurde nämlich mit genauen schriftlichen Instruktionen von einem Schicksalsgenossen im Heim (Martin Landau) ausgeschickt, um Rache am Mörder ihrer Familien zu nehmen. Dieser ehemalige KZ-Aufseher ist vor Jahrzehnten unter falscher Identität in den USA untergetaucht und vier mögliche Kandidaten kommen in Frage, der gesuchte NS-Verbrecher zu sein. So beginnt ein ungewöhnliches Road-Movie, in dem lauter uralte Männer Hauptrollen spielen, von denen manche noch sehr gefährlich sind.
Trügerische Erinnerungen
In Atom Egoyans neuem Film, der nach einem vielschichtigen und wendungsreichen Drehbuch von Benjamin August entstand, fiebern wir mit, wenn der grandiose Christopher Plummer allen körperlichen und geistigen Schwierigkeiten zum Trotz Vergeltung üben will für ein Verbrechen, das niemals verjähren kann. Jede seiner Stationen hält für den alten Protagonisten Überraschungen parat und die Begegnungen mit den potentiellen Kriegsverbrechern verlaufen stets anders als erwartet. Wie flüchtig die Erinnerung sein kann, beweist Zevs Fall: ähnlich wie die wesentlich jüngere Hauptfigur aus Nolans „Memento“ muss sich auch er nach jedem Erwachen sein Leben wieder neu zusammensetzen - dabei hilft ihm der Brief seines Freundes. Dass Erinnerung mitunter auch sehr trügerisch ist, wird den Zuschauern erst ganz zuletzt mit einem tragischen Knalleffekt bewusst.
9 von 10 Merkzeichen für diesen Film!
franco schedl