Filmkritiken

PROBLEMELTERN UNTER SICH

Die kategorische Forderung des Titels wird von ein paar beherzten Eltern ausgesprochen, die um das Wohlergehen ihrer Kinder besorgt sind – zumindest vordergründig, denn im Lauf eines ziemlich verunglückten Elternabends treten auch noch wesentlich pragmatischere Beweggründe zu Tage. Doch alles der Reihe nach: Frau Müller ist Lehrerin in einer sogenannten Übergangsklasse und einige Eltern haben den Eindruck gewonnen, dass durch sie das Niveau der Klasse rapide sinkt bzw. die Kinder überfordert oder womöglich sogar traumatisiert werden. Immerhin hat einer der Sprösslinge daheim von einem Tränenausbruch der Frau berichtet und auch erwähnt, dass sie eine Therapiestunde aufsuchen muss, was zu wilden Spekulationen Anlass gibt.

Also haben die Erwachsenen beschlossen, der Dresdner Grundschullehrerin das Vertrauen zu entziehen und ihr nahezulegen, die Klasse abzugeben. Eine Gesandtschaft von fünf Eltern hat sich daher abends in dem verlassenen Schulhaus eingefunden, um Frau Müller diesen Entschluss mitzuteilen. Wortführerin der bunt zusammengewürfelten Gruppe ist eine herrlich gschnappige Anke Engelke als Karrierefrau, die keinen Widerspruch duldet und am liebsten das Gespräch an sich reißt, was ihr diesmal allerdings nicht so recht gelingen will. Die gestandene Lehrerin (eine zutiefst glaubwürdige Gabriela Maria Schmeide) bietet ihr und den andern Eltern gekonnt Paroli, ehe sie nach einem erhitzten Wortwechsel vorerst die Klasse verlässt und die fünf Unzufriedenen im eigenen Saft schmoren lässt. Dabei wird deutlich, dass anstelle von „Problemkindern“ eher von „Problemeltern“ die Rede sein müsste. Aus bestimmten Gründen nehmen die Dinge dann eine Kehrtwendung, da den Abgesandten Frau Müller plötzlich doch sehr wünschenswert erscheint; und auch das Ende hält noch eine gute Pointe bereit.

Handelt es sich hier etwa um eine deutsche Version von „Der Gott des Gemetzels“? Zumindest hat Yasima Rezas Erfolgsstück unverkennbar Pate gestanden, als Lutz Hübner gemeinsam mit seiner Frau dieses Stück speziell für das Staatstheater Dresden konzipierte. Während Reza in ihrem Kammerspiel jedoch mit bloß drei Protagonisten auskommt, prallen hier im Schulhaus doppelt so viele Streithähne + -hennen aufeinander und alles wurde auf speziell deutsche (Bildungs)Verhältnisse abgestimmt. Die Wende liegt zwar schon 25 Jahre zurück, doch im erhitzten Gespräch tun sich beispielsweise immer noch alte Gräben zwischen Ost und West auf.

Mit Sönke Wortmann war der ideale Regisseur für diesen intensiven Klassen-Kampf gefunden: er hatte das Werk bereits für eine Berliner Bühne inszeniert und sich von vornherein die Filmrechte gesichert. Außerdem konnte er Hübner selbst als Drehbuchautor gewinnen, der zuvor noch nie fürs Kino gearbeitet hatte; umso mehr lernte er nun die ungewohnte Erfahrung schätzen, in einem abweichenden Rhythmus zu denken und aus dem eher statischen Theatertext dank anderer räumlicher Möglichkeiten eine richtige Filmerzählung zu machen. Das sechsköpfige Ensemble trifft immer den richtigen Ton bei den pointierten Dialogen und weiß dazu auch noch mit fast slapstickhaften Aktionen zu überzeugen.

8 von 10 Kastanienmännchen aus Kinderhänden.

(franco schedl)
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