Türkische Filmtage in der Wiener Urania
Von Oezguer Anil
Das Land am Bosporus hat eine florierende Filmbranche, die im Ausland meist nur durch flache Komödien zur Geltung kommt. Im Rahmen der türkischen Filmtage stehen ein Dutzend türkischer Arthaus Filme am Programm, die größtenteils keinen Kinostart in Österreich hatten und nun das erste Mal auf unseren Leinwänden zu sehen sind. Ein Mix aus anspruchsvollen Komödien, ruhigen Dramen, aufrüttelnden Kurz- und Dokumentarfilmen bieten Cinephilen einen guten Einblick ins facettenreiche türkische Filmschaffen. Wir stellen euch zwei preisgekrönte Filme aus dem Programm vor.
Anons (The Announcement/2017)
Es ist der 22. Mai 1963. Unzufrieden mit der sozialen und politischen Situation in der Türkei plant eine Gruppe von Militäroffizieren einen Staatsstreich, um die Regierung in Ankara zu stürzen. Ihre Mitverschwörer in Istanbul sollen währenddessen den nationalen Radiosender übernehmen, um eine offizielle Ankündigung des Putsches abzugeben. Aber der Plan geht nicht auf. Angesichts einer Reihe von Hindernissen, wie z.B. das Fehlen eines Radiosendertechnikers und ihre eigene Unzulänglichkeit, bemühen sich die Verschwörer, ihren Plan aufrechtzuerhalten und den Erfolg des Staatsstreichs bekanntzugeben – unwissend darüber, ob er überhaupt stattgefunden hat. Basierend auf wahren Ereignissen ist "The Announcement" ein ironischer Kommentar zur politischen Vergangenheit – und der Gegenwart – der Türkei.
Zu sehen am 3.12 um 20:15 in der Urania
Genc Pehlivanlar (Young Wrestlers/2016)
Sechs Jungs aus armen Familien der Bergregionen Anatoliens wollen im Trainings-Center in türkischen Amasya erfolgreiche Ringer werden. Aus ihren Familien gerissen, sind viele zum ersten Mal von Zuhause weg, müssen sich hier ein neues Leben aufbauen und neue Freunde finden. Sie müssen sich in der neuen Umgebung einleben - ihr Hauptziel ist jetzt Training und Unterricht. Ihre Trainer und Lehrer kommen alle aus derselben Ringerschule, sie bestimmen jetzt ihr Leben. Sie motivieren und trösten, üben Kritik, aber strenge Disziplin und strikter Gehorsam stehen über allem, und wer in der Schule und im Training nicht erfolgreich ist, muss zurück in sein Dorf - aus der Traum. Der kleine Muhammed führt uns durch den Film, durch ihn lernen wir seine Mitschüler und Mitbewerber kennen. Der Film zeigt offen die Rivalitäten untereinander, aber auch den Spaß, den Humor, die Frustrationen, die Schmerzen, das Heimweh und die Härte der Ausbildung. Doch die Jungs wollen es wissen, und ihren Eltern, Trainern und Lehren zeigen, dass sie es schaffen. Sie kämpfen tapfer gegen ihre inneren und äußeren Dämonen, und wir sind Zeuge ihres täglichen Lebens zwischen Freundschaft und Konkurrenzkampf.
Zu sehen bei freiem Eintritt am 4.12 um 18 Uhr im Yunus Emre Institut (Währinger St.6-8/14-15)
Hoher Besuch
Neben den zahlreichen Werken von jungen Filmemachern kann man auch die vielfach preisgekrönten Arbeiten von Nuri Bilge Ceylan sehen. Der Regisseur zählt seit über 15 Jahren zu den bedeutendsten Filmemachern der Welt und wurde 2014 mit der Goldenen Palme in Cannes für „Winterschlaf“ ausgezeichnet. Ceylan wird am 6.12 persönlich in der Urania anwesend sein und nach der Vorführung seines neusten Films „The Wild Pear Tree“ eine Masterclass abhalten.
Das gesamte Programm könnt ihr hier nachlesen.