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"The End of the F***ing World": Die zweite perfektioniert die erste Staffel

"Das Problem mit Menschen, die wenig Liebe erfahren haben, ist, dass sie Liebe nicht erkennen können. Deswegen können sie leicht getäuscht werden. Sie sehen Dinge, die nicht da sind. Aber andererseits belügen wir uns doch alle ständig selbst."

Dieses ernüchternde Resümee von Alyssa bringt die überaus gelungene Fortsetzung der großartigen Coming-of-Age-Lovestory von Netflix und dem britischen TV-Sender Channel 4 emotional auf den Punkt. Zwei Jahre nach den Ereignissen der ersten Staffel lebt Alyssa (Jessica Barden) mit ihrer Mutter auf dem Land bei ihrer Tante Leigh (Alexandria Riley). Wie es mit ihrem Leben weitergehen soll? Sie hat keine Ahnung, aber was soll's ... sie macht einfach weiter!

Doch bevor wir hier einfach weitermachen: SPOILER-ALARM! Der folgende Serien-Review von "The End of the F***ing World" verrät einige wichtige Ereignisse der zweiten Staffel.

 

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Life Goes On ...

Alyssa erkennt sehr wohl die Ironie darin, dass sie nun im Dinner ihrer Tante als Kellnerin arbeitet. Nur ist es ihr egal. Ihr ist alles egal seit ihrem Roadtrip mit James, der nicht gut ausgegangen ist. Aber das Leben ist nun einmal Scheiße. Das war schon immer so. Also macht sie einfach weiter.

James (Alex Lawther– und hier ist schon der erste große, wenn auch nicht wirklich überraschende Spoiler – hat den Roadtrip überlebt. Doch Alyssa hat ihn seit zwei Jahren nicht mehr gesehen. Damals, nachdem er angeschossen wurde, hat James ihr einen bösen Abschiedsbrief geschrieben, in dem er Alyssa die Schuld an allem gibt. Er hasst sie, weil sie ihn zum Mörder gemacht hat. Er will sie nie mehr wiedersehen.

Doch nichts in dem Brief ist ernst gemeint. Alyssias Mutter Gwen (Christine Bottomley) hat James dazu gedrängt. Aber davon weiß Alyssia nichts. Sie steht kurz davor einen strammen Burschen vom Land zu heiraten, der ihr ein Haus bauen will. Glücklich macht das vor allem ihre Mutter. Sie selbst denkt oft an James, wird aber auch von dem erlebten Trauma geplagt.

 

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Der Tod des Mädchenmörders und Universitätsprofessors Clive Koch, dem James in der ersten Staffel die Kehle aufgeschlitzt hat (nachdem er Alyssa vergewaltigen wollte), plagt auch die junge Frau Bonnie (Naomi Ackie). Im Gefängnis erfährt die Soziopathin vom Tod ihres Liebhabers, von dessen mörderischen Machenschaften sie nichts weiß. Im Gegenteil: Sie hat sogar ein Mädchen, das sie mit ihm gemeinsam gesehen hat, in rasender Eifersucht mit dem Auto überfahren. Der perverse Professor war ihre große Liebe. Nach ihrer Entlassung hat Bonnie nur ein Ziel: Rache an den beiden Mördern ihres Liebhabers.

Aufgrund der Pistolenkugeln mit seinem Namen darauf, die er per Post erhält, macht sich James Sorgen um Alyssa. Er beschließt, wieder mit ihr Kontakt aufzunehmen. Das läuft natürlich nicht wie er sich das vorstellt hätte. Jedenfalls landen James und Alyssa wieder in einem Auto auf der Flucht vor ihrem verkorksten Leben. Ihre Liebe zueinander können sie nur schwer artikulieren. Die Tatsache, dass beide in diesem Auto sitzen, sollte reichen. Da Alyssa nicht darüber reden will, aber Schweigen auch nicht gerade ihre Stärke ist, nehmen sie eine Tramperin im Auto mit. Es ist Bonnie.

 

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Meisterhafter Bruch mit der Romantisierung tragischer Liebe

Serien-Schöpferin und Drehbuchautorin Charlie Covell erzählt die Geschichte von Alyssa und James in der zweiten Staffel sogar noch einfühlsamer, noch witziger und noch spannender weiter. Das Großartige an der zweiten Staffel von "The End of the F***ing World" ist aber, dass sie sich dabei konsequent gegen die klischeehafte Romantisierung der tragischen Liebe entscheidet, die ja mit dem Finale der ersten Staffel durchaus angedeutet wurde. Covell nimmt das Trauma ernst, dass ihre Protagonisten erfahren haben. Auch das ist ein Bruch mit gängigen Filmklischees.

Die gelungene Weiterentwicklung der Geschichte und der Charaktere ist bemerkenswert. Umso mehr als die erste Staffel noch auf der gleichnamigen Graphic Novel von Charles Forsman basierte, während die Fortsetzung vollständig aus der Feder von Covell stammt. Ihr gelingt ein mitreißendes Portrait zweier introvertierter Menschen, deren Stärke nicht in der Kommunikation miteinander liegt.

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Covell schafft es die Coming-of-Age-Geschichte mit der gleichen Emotionalität und Coolness fortzusetzen. Keine Sekunde verliert sie aus den Augen, was die erste Staffel so besonders gemacht hat. Dabei folgt sie nur oberflächlich den gleichen Mustern. Ja, auch die zweite Staffel ist wieder ein kleines Road-Movie im Serienformat, also zunächst eine Flucht. Aber James und Alyssa tragen diesmal die Konsequenzen ihrer Handlungen. Das ist nicht leicht, meistens auch ziemlich depressiv. Doch letztendlich entscheiden sich beide trotz Depression und Trauma für das Leben.

Zudem spielt "The End of the F***ing World" wieder gekonnt mit den Erwartungshaltungen des Publikums und bricht meisterhaft und humorvoll gängige Klischees aus Thriller und romantischer Komödie. Man könnte sogar soweit gehen, in dieser zweiten Staffel ein durchaus von Leiden geprägtes, aber dennoch lebensbejahendes Gegenmodell zum Goldstandard der romantischen Tragödie zu sehen: Im Vergleich mit James und Alyssa sind Romeo und Julia einfach nur zwei hysterische Weicheier, die dem Leben nicht gewachsen waren.

F*** you, William Shakespeare!