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Studie zeigt: Österreichischem Film mangelt es an Diversität

Das Diagonale Forum im Heimatsaal des Volkskundemuseums in Graz hat sich Freitagnachmittag auf die Suche nach Diversität und den Umgang mit Stereotypen begeben. Birgit Moldaschl und Paul Scheibelhofer belegten mit Zahlen aus dem neuesten Gender Report des österreichischen Films: Queere Figuren kommen selten in Spielfilmen vor, Reiche und Akademiker sind dafür überrepräsentiert. Autorin Dina Yanni wurde für eine Studie über Rassismus im Film gar in den Gemeindebau verwiesen.

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Mehr Diversität notwendig, doch schwer umzusetzen

Erfahrungen und Studien belegen, dass das Fehlen von Vielfalt vor und hinter der Kamera Ausschlüsse und Diskriminierungsformen reproduziert. Der österreichische Film möchte daher vielfältiger werden - egal ob aus einer Notwendigkeit heraus oder freiwillig, sogenannte Codes of Conducts und Checklisten halten immer öfter Einzug in Büros von Filmschaffenden. Die Umsetzung stellt aber oftmals eine große Herausforderung dar.

Das bestätigte auch Sabine Gebetsroither, Leiterin des Crossing Europe Festivals. Ihr Team hat sich in mehreren Workshops mit dem Thema beschäftigt, Antirassismus-Trainings absolviert, gemeinsam wurde der Bedeutung von Diversität auf den Grund gegangen und für die Praxis wurden Schlüsse gezogen, um künftig "diskriminierungsbewusstes Arbeiten" zu ermöglichen. "Das geht nicht in einem Jahr, es ist ein Prozess", sagte sie dem Publikum. 

Ihr Partner-Festival in Serbien habe bereits erste Erfolge erzielt: Ein wichtiger Sponsor, der mit sexistischer Werbung aufgefallen war, müsse nun anders am Festival werben. Mit einem weiteren Beispiel, nämlich Antidiskriminierungsklauseln in Arbeitsverträgen, gab Gebetsroither sehr konkrete Einblicke in Diversifizierungsprozesse innerhalb der Branche und verschwieg nicht: "Es ist schwierig, an diesen Prozessen weiterzuarbeiten, weil Fluktuationen im Team vorkommen und manche Dinge einfach Zeit brauchen."

Überrepräsentierung von Reichen im Ö-Film

Einen Beleg dafür, dass die Prozesse notwendig sind, lieferten Birgit Moldaschl vom Österreichischen Filminstitut (ÖFI) und Paul Scheibelhofer von der Universität Innsbruck. Am Samstag werden sie den Dritten österreichischer Film Gender Report auf der Diagonale präsentieren. Ein Teil davon sind auch Diversitätsaspekte. Sie haben daher sämtliche österreichische Spiel- und Dokumentationsfilme zwischen 2012 und 2021 hinsichtlich der Repräsentation von Diversität analysiert. 

In den Spielfilmen waren nur sechs Prozent von je drei Hauptfiguren schwul oder lesbisch, von den sechs queeren Figuren war nur eine weiblich. Queere Menschen wurden dafür eher als reich dargestellt, während Figuren mit Migrationshintergrund häufiger als arm gezeigt wurden. Religiöse Zugehörigkeit spiele im österreichischen Film kaum eine Rolle, wenn dann meist in migrantischen Milieus. Die "Oberschicht" sei zudem überrepräsentiert, die "schnöde Mittelschicht" sei für Filmschaffende offenbar weniger von Interesse, zog Scheibelhofer den Schluss.

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Teil von Dokus ist nur die normative Gesellschaft

Im Dokumentarfilm zeigte sich, dass meist nur die Mehrheitsgesellschaft im Mittelpunkt steht, nicht normative sexuelle Orientierungen werden nur selten in den Fokus gerückt, wenn dann sind es meist schwule Männer, so Moldaschl. Sie präsentierte außerdem ein Umfrage- und Datenerhebungstool aus Deutschland namens OMNI. Dieses sollte - so ihr Wunsch - auch für Österreich übernommen werden und könnte die Diversitätslage "off screen" festhalten.

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Rassistische Stereotype werden unterbewusst repräsentiert 

Den Abschluss der Vortragsreihe machte Autorin Dina Yanni, die in einer Studie Perspektiven auf Rassismus im Film in Österreich untersuchte. Anhand von 15 Fallbeispielen veranschaulichte sie, wie Gestaltungsmittel und Narrative im Film diskriminieren. "Oft passiert das nicht bewusst, sondern einfach, weil die Dinge halt so sind", erklärte sie. Sie wolle auch nicht mit dem Zeigefinger auf Projekte deuten, sondern erläutern, wie "Kontinuitäten seit der Kolonialzeit bis heute übersehen werden". 

Den Kreis zu durchbrechen sei schwierig, das zeige sich schon allein daran, dass sie von sämtlichen Stellen - abgesehen vom ÖFI - mit ihrer Finanzierungsbitte für die Studie abgeblitzt sei: "Es hieß, ich soll für meine Rassismus-Studie in den österreichischen Gemeindebau gehen, nicht in die Filmbranche", schilderte sie. Yanni ist überzeugt: "Niemand handelt in böser Absicht, aber es braucht Training, um Stereotype zu erkennen."