„Schuld“ auf Netflix: Ferdinand von Schirach in Serie
2009 veröffentlichte der deutsche Strafverteidiger Ferdinand von Schirach mit „Verbrechen“ einen Kurzgeschichtenband, der auf Anhieb zum Bestseller wurde. In den folgenden Jahren vervollständigte er seine Trilogie mit den Büchern „Schuld“ und „Strafe“. Inzwischen hat er der Arbeit als Strafverteidiger den Rücken gekehrt und zählt zu den wichtigsten deutschsprachigen Autoren unserer Zeit. Für das ZDF wurden 14 seiner Kurzgeschichten verfilmt. Im Fernsehen erreichten seine Geschichten ein Millionenpublikum, nun sind sie auf Netflix zu sehen.
Weniger ist mehr
Schirachs Kurzgeschichten sind untrennbar mit ihrer Form verbunden. Die Erzählungen sind elliptisch aufgebaut, klar strukturiert und in einfacher Sprache gehalten. Das Berührende bei all den Geschichten über Mörder und Verbrecher steckt immer in den Auslassungen. Der Leser wird stets dazu animiert, seine eigene Vorstellungskraft in die Texte miteinfließen zu lassen.
Weder Gut noch Böse
Bei einem visuellen Medium wie dem Film ist es natürlich schwierig, der literarischen Form gerecht zu werden. Die Serie beschränkt sich auf die reine Bebilderung der Handlung, um der gewohnten Fernsehnorm zu entsprechen. Im Zentrum der Handlung steht der Strafverteidiger Friedrich Kronberg, der in seiner Arbeit auf Beschuldigte stößt, die ihm ihre oftmals tragischen Geschichten erzählen. Schnell merkt man, dass Kategorien wie Gut und Böse hier nicht so leicht greifen. Die Ambivalenz des Menschen steht im Vordergrund und der Zuseher bekommt, ähnlich wie ein Geschworener bei Gericht, die Möglichkeit, hinter die Fassaden der Justiz zu blicken.
Bekannte Gesichter
Die Hauptfigur wird von Moritz Bleibtreu gespielt. In den Gastrollen treten mit Lars Eidinger, Josefine Preuß, Jürgen Vogel und Devid Striesow immer wieder große Namen der deutschen Film- und Fernsehlandschaft auf. Jede Folge dauert 45 Minuten und ist nicht an andere Episoden gekoppelt, so dass ein leichter Ein- und Ausstieg in jeder Folge möglich ist. Die moralischen Dilemmata der einzelnen Fälle machen große philosophische Fragen konkret und regen zu lebhaften Diskussionen über das oft als undurchsichtig wahrgenommene Justizsystem an.
Mit der 2019 im ZDF ausgestrahlten 3. Staffel hat die Serie ihren Abschluss gefunden. Letztes Jahr erschien mit „Der Fall Collini“ auch erstmals eine Kinoadaption eines Stoffes von Ferdinand von Schirach. Als nächstes steht eine Fernsehverfilmung seines neusten Theaterstücks „Gott“ am Programm. Man darf also gespannt bleiben.