"Ripley": Wird die elegante Netflix-Serie fortgesetzt?
Von Manuel Simbürger
Schwarz-Weiß statt leuchtende Natur-Kulisse, reifer Psychopathen-Betrüger statt junger sexy Betrüger und provozierende Langsamkeit anstatt genießerisches Dolce Vita: Netflix präsentiert uns mit "Ripley" (Hauptdarsteller: Andrew Scott) eine Version von Patricia Highsmiths Kult-Roman "Der talentierte Mr. Ripley", die sich stark von Anthony Minghellas 1999er-Sommerfilm (mit Matt Damon, Jude Law und Gwyneth Paltrow) oder auch René Cléments "Nur die Sonne war Zeuge" (1960, mit Alain Delon) unterscheidet. Die Lust an der psychopathischen Grausamkeit ist in "Ripley" bis in den letzten Szenenwinkel verankert, von sexy Leichtigkeit ist hier nicht mehr viel zu spüren.
Die Rezensionen sind durchwachsen, was nicht überrascht. Die einen sprechen von "übertriebener artsy-farty"-Inszenierung, die auf einen vollkommen falschen Hauptdarsteller setzt. Die anderen loben den Mut von Showrunner Steven Zaillian (Drehbuch-Oscar für "Schindlers Liste"), neue Wege zu beschreiten und sich bewusst gegen eine Mainstream-Erzählung entschieden zu haben.
Da fragt man sich: Wie stehen die Chancen für eine zweite Staffel?
Streamingzahlen enttäuschen
Wie die gesamte Welt von Tom Ripley ist auch die Frage nach einer Fortsetzung nicht leicht zu beantworten und von vielen Grautönen bestimmt. Die Streamingzahlen dürften enttäuschend sein, "Ripley" hat es international nicht in die Top 5 der Netflix-Charts geschafft, aktuell befindet sich die Serie auf Platz 7 (in Österreich gar auf Platz 8). Da fragt man sich, ob der US-Pay-TV-Sender Showtime nicht doch den richtigen Riecher hatte: Denn ursprünglich sollte die Psychothriller-Serie dort erscheinen (angeblich waren 5 Staffeln geplant), bevor sie dann an Netflix abgeschoben wurde weiterwanderte ...
Von Netflix gibt es bis dato noch kein offizielles Statement, was eine zweite Staffel von "Ripley" betrifft. Zaillian jedenfalls wäre bereit für eine Fortsetzung: "Ich denke, andere [Staffeln] sind sicherlich möglich", so der Showrunner gegenüber "TheWrap". "Wir haben die Rechte an allen Büchern, also könnten wir es machen. Ich werde eine kleine Pause brauchen, aber ja, ich denke, [Ripley] ist ein Charakter, der gut genug ist, dass man mehr tun könnte.“ Insgesamt hat Highsmith fünf Ripley-Romane geschrieben.
Wer ist Reeves Minot?
Doch Fans sollten die Hoffnung nicht aufgeben, im Gegenteil: Denn wer das Serienfinale gesehen hat, der weiß, dass das Ende zwar durchaus so stehen bleiben könnte, gleichzeitig aber auch auf Fortsetzung getrimmt ist (nicht nur, weil Inspektor Ravini Ripleys Betrug auf die Schliche gekommen scheint).
In der letzten Episode trifft Ripley auf Reeves Minot, dargestellt von John Malkovich (der, Fun Fact, 2002 in "Ripley's Game" ebenfalls bereits den titelgebenden Betrüger darstellte). Minot ist ein sehr mysteriöser Charakter, der sich sofort zu Ripley verbunden fühlt. Das nonverbale Verständnis zwischen den beiden Betrügern und die zahlreichen Visitenkarten zeigen deutlich, dass auch Minot in kriminellen Milieus unterwegs ist, vielleicht gar dieselben Machenschaften ausübt wie Ripley selbst. Er stellt sich zwar als Kunsthändler vor, es ist aber sofort klar (sowohl dem Publikum als auch Ripley selbst), dass das eine Lüge ist.
Am Ende hilft Minot Ripley mit einem gefälschten Pass weiter – und letzterer muss neidlos anerkennen, dass Minot ein besserer Fälscher ist als er selbst, weshalb er ihn zufrieden lächelnd bezahlt. Weiß Minot, wer Ripley ist und was er getan hat? Hier bleibt die Serie bewusst uneindeutig. Sind Minot und Ripley quasi dieselben Menschen in unterschiedlichen Lebensabschnitten? Ist Reeves Minot so etwas wie ein Alter Ego von Tom Ripley?
Wird der dritte Ripley-Roman adaptiert?
Reeves Minot könnte die Rutsche zu der möglichen zweiten Staffel von "Ripley" sein. Die Figur spielt nämlich in Highsmiths zweitem und auch drittem Ripley-Roman "Ripley Under Ground" sowie "Ripley's Game" eine wichtige Rolle. Darin bezieht Tom Ripley seine Einkünfte unter anderem aus zwielichtigen Kurierdiensten für Minot, der in Hamburg lebt. Die Handlung spielt im Künstfälscher- und Glücksspielmilieu, auch die italienische Mafia mischt ordentlich mit.
Viele dieser Aspekte kamen bereits in "Ripley" vor oder wurden zumindest angedeutet. Es scheint also durchaus denkbar, dass die zweite Staffel den Roman "Ripley's Game" adoptiert – was ein Wiedersehen mit John Malkovich als Reeves Minot bedeuten könnte. Wenn es überhaupt so weit kommt ... Wir halten auch auf dem Laufenden!
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