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"Ringe der Macht" & "House of Dragon": Diverse Fantasy nicht ok?

Die Fantasie kennt keine Grenzen. Doch ausgerechnet in einem Film- und Seriengenre, das wortwörtlich nach ihr benannt wurde, scheint dies aus Sicht vieler Zuschauerinnen und Zuschauer nicht zu gelten. Mit "Der Herr der Ringe: Die Ringe der Macht" und dem "Game of Thrones"-Ableger "House of the Dragon" sind binnen kürzester Zeit zwei epochale Fantasy-Serien herausgekommen.

Beide Produktionen zeigen monumentale Schlachten, intrigante Machtspielchen und (bild-)gewaltige Fabelwesen wie Drachen und Trolle. Was sie ebenfalls gemein haben: einen Teil des Publikums, der toxische Kritik an Geschlechterrollen und an der Diversität des Casts äußert. Es fallen Aussagen, die noch nie - vom 21. Jahrhundert ganz zu schweigen - etwas in unserer Gesellschaft verloren haben. Aber warum darf Fantasy anscheinend für viele Fans des Genres nicht divers sein?

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Der Hass und seine Folgen

Welch paradoxe Züge diese Kritik annehmen kann, hätte der schwarze "House of the Dragon"-Darsteller Steve Toussaint (57) nicht treffender formulieren können. Er spielt in der Serie den einflussreichen Corlys "Die Seeschlange" Velaryon. Es gebe Menschen, so Toussaint, die "mit einem fliegenden Drachen glücklich" seien. "Sie sind glücklich mit weißem Haar und violetten Augen, aber ein reicher schwarzer Mann? Das ist inakzeptabel", sagte der Schauspieler im Gespräch mit "Men's Health". Sprich: In einer fiktiven Mittelalter-Welt, in der es Drachen, Untote, Magie - und schneeweiße, gerade Zähne - gibt, sind es wohlhabende Schwarze, die schlichtweg zu unrealistisch seien.

Der Cast der Amazon-Prime-Serie "Die Ringe der Macht" musste aufgrund zahlreicher "rassistischer Anfeindungen" ebenfalls etwas via Twitter-Post klarstellen: Zusammen stehe man "in absoluter Solidarität gegen erbarmungslosen Rassismus, Bedrohungen, Belästigungen und Beleidigungen", die gegen BIPoC (Schwarze, Indigene und People of Color) gerichtet sind.

 

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Wegen der Verpflichtung von nicht-weißen Schauspielern für die Rollen von Elben und Zwergen war die Serie ins Visier von Gegnern einer angeblichen "Wokeness-Diktatur" geraten. Auch die Tatsache, dass mit Morfydd Clarks (33) Galadriel eine Frau die tatkräftige Hauptfigur verkörpert, stieß einigen sauer auf. Darunter mal eben dem reichsten Mann der Welt, Elon Musk (51), der auf Twitter gegen die Amazon-Serie - und wohl vornehmlich gegen Hauptkonkurrent Jeff Bezos (58) - giftete.

Das muss man sich auf der Orkzunge zergehen lassen: Da ist eine Geschichte, die von Kameraderie, Zusammenhalt und Liebe handelt. Eine Geschichte, die die Rassen Mittelerdes vereint, um gegen die Mächte des Bösen zu bestehen. Und dann sind es Hautfarbe und Geschlecht der Figuren, wegen der einige vermeintliche Tolkien-Fans auf die Barrikaden gehen?

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"Das hat's ja noch nie gegeben!"

Das Hauptargument dieser lauten Gruppe liegt auf der Hand: Auch in der originalen "Der Herr der Ringe"-Buchreihe von J.R.R. Tolkien (1892-1973) sind die Gefährten zwar Mensch, Zwerg, Elb und Hobbit - aber eben auch weiß und männlich.

Ja, der Brite Tolkien war ein lautstarker Gegner der nationalsozialistischen "Rassenlehre". Aber auch er war nun mal ein Kind seiner Zeit und würde heutzutage wohl manche Figurenzeichnung anders gestalten. Wer unter Tolkien-Fantum versteht, dass bitte schön alles so sein muss wie zur Zeit der Entstehung des Buches, der begibt sich auch freiwillig auf den geistigen, moralischen und soziologischen Stand der 1950er Jahre zurück. Und auf jenen eines Mannes, der 1892 geboren wurde.

Bei "House of the Dragon" ist die Sachlage eine andere. Die Serie basiert auf dem 2018 erschienenen Buch "Feuer und Blut" von George R.R. Martin (73). Wie seine Romanvorlage zeigt auch die Sky/Wow-Serie im ewigen Intrigenspiel der einzelnen Parteien unfassbare Gräueltaten auf dem und abseits des Schlachtfeldes sowie sexuelle Gewalt gegenüber Frauen. Aber bei Schwarzen in Machtpositionen, die bislang sogar nur als Nebenfiguren aufgetaucht sind, hört der "Spaß" auf?

Wer sich diesbezüglich bei "House of the Dragon" über mangelnde Treue zur Buchvorlage echauffiert, müsste dies auch bei "Game of Thrones" und dessen Pendant "Das Lied von Eis und Feuer" tun. In der Serie wurden viele Figuren im Vergleich zum Original um einige Jahre älter gemacht - andernfalls wären einige ohnehin schon kaum ertragbare Szenen noch schwerer zu verdauen gewesen. Manchmal ist es also gar nicht schlecht, wenn sich bei einer Adaption auch die eine oder andere künstlerische Freiheit einschleicht.

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Eine Frau hat das Sagen. Eine Frau hat das Sagen!?

Auf traurige Weise ironisch ist, dass sich "Die Ringe der Macht"-Schauspielerin Morfydd Clark in der Realität mit ähnlichen Widerständen herumschlagen muss, wie die Figur Rhaenyra Targaryen (Milly Alcock, 22) in der Fiktion von "House of the Dragon". Der einen wird von der versammelten Männerwelt Westeros' und Umgebung gesagt, sie könne als Frau niemals den Eisernen Thron besteigen. Der anderen wird kurzerhand die Fähigkeit abgesprochen, als Hautfigur der teuersten Serie aller Zeiten zu funktionieren - zuweilen noch bevor die erste Folge der "Herr der Ringe"-Serie ausgestrahlt wurde.

Das alles heißt selbstredend nicht, dass berechtigte Kritik an Figurenzeichnung oder schauspielerischer Leistung verboten ist. Zumindest bei einigen Zuschauerinnen und Zuschauern scheinen jedoch mal mehr, mal weniger latente Überzeugungen in diese Kritik mit einzufließen, die nirgendwo etwas zu suchen haben. Weder in Mittelerde. Noch in Westeros. Und erst recht nicht auf unserer Welt.