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"Persuasion" auf Netflix: So krass sind die Unterschiede zum Buch!

Die sympathisch-natürliche Dakota Johnson hat so einige empfehlenswerte Filme in petto – aber gerade ihr neuester Streifen, die Jane-Austen-Verfilmung "Persuasion" (deutscher Titel: "Überredung") gehört nicht dazu. Der Original-Netflix-Film hält aktuell bei enttäuschenden 31 Prozent bei "Rotten Tomatoes" und kommt auch bei "IMDb" auf eine ebenso alles andere als überragende Bewertung von 5,6. 

Obwohl mit Spannung erwartet und von Netflix stolz angepriesen (Jane Austen bedeutet schließlich Seriosität – so glaubte man zumindest), gilt "Persuasion" mittlerweile als einer von Johnsons schlechtesten Filmen und als jene Netflix-Produktion des Sommers, die man sich getrost schenken kann. Publikum und vor allem KritikerInnen sind außer sich. "GQ" fragt sich sogar, ob es sich bei "Persuasion" um den schlechtesten Netflix-Film des Jahres handelt.

Aber was steckt hinter den teils wütenden Verrissen?

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Passend unmodern

Am meisten wird "Persuasion" die Entscheidung vorgeworfen, die Handlung in die Gegenwart zu verlegen. Historisch sind nur noch Kostüme und Häuser, das Verhalten der ProtagonistInnen und vor allem die Dialoge sind aber so modern, als ob man einen ach so trendy Instagram-Filter über den Film gelegt hätte. 

Was bei "Bridgerton", das klare Vorbild von "Persuasion" und ein weiteres Netflix-Original, noch funktionierte, wird hier zum "all-time desaster", wie es der "Independent" ausdrückt. Die zeitgemäß-jugendliche Sprache wirke ermüdend erzwungen, so der allgemeine Konsens von KritikerInnen und Publikum. Vor allem aber zerstöre sie die feine Subtilität, die Jane Austens Romane zu einem Literatur-Vergnügen machen.

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Die Frauen bei Austen, zumeist sehr emanzipatorisch und ihrer Zeit voraus, nutzen die Sprache der damaligen Zeit oftmals gezielt, um gegen Konventionen aufzubegehren und ihr Anderssein auszudrücken. Wenn Anne Elliot (Johnson) im Film aber von "Exes" spricht und davon, dass in ihrem Heimatort eine "10" ist, obwohl man in London gerade mal als "5" durchgehen würde, dann ist das nur noch seicht und schlicht absurd. Von der Vielschichtigkeit des emotional sehr komplexen Originalromans bleibt da nicht mehr viel übrig.

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Bitte rede nicht mit uns!

Die britische Theaterregisseurin Carrie Cracknell hat sich in ihrem Spielfilmdebüt aber anscheinend nicht nur an "Bridgerton", sondern auch an "Fleabag", der gefeierten Serie mit Phoebe Wallder-Bridge, orientiert. Denn auch Anne durchbricht im Film laufend die vierte Wand und wendet sich direkt ans Publikum. Was so natürlich auch nicht im Buch vorkommt.

Das ansonsten durchaus unterhaltsame Gimmick wird aber immens überstrapaziert und bewirkt das Gegenteil von dem, was es eigentlich sollte: Es baut Distanz anstatt Nähe zum Erlebten auf. Das Einbeziehen des Publikums wirkt seltsam deplatziert. Die Oberflächlichkeit der Dialoge werden dadurch obendrein noch mehr unterstrichen: Ein satirischer Dialog, so scheint zumindest die Meinung von Cracknell zu sein, wird nur dann verstanden, wenn er von einem Seitenblick in die Kamera begleitet wird. 

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Manchmal wirkt es fast so, als ob dem Film der Original-Stoff peinlich wäre und er beweisen wolle, eine bessere Version erfunden zu haben, die – scheinbare! – Schwächen des Originals ausmerzt. Die Angst, vollkommen in die Welt von Austen einzutauchen, durchzieht den Film. Und zu sehr hat man sich von erfolgreichen modernen Produktionen blenden lassen. Doch dass "Persuasion" das Entertainment-Level von "Bridgerton" oder "Fleabag" erreicht, dazu fehlt ihm bei weitem an Komplexität, Sex, Style und überbordender Lebensfreude.

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Der Unterschied zum Buch

Für Fans von Jane Austen ohnehin ein absolutes No-Go, weshalb sie auch entsprechend enttäuscht auf den Netflix-Film reagierten: Der Streifen unterscheidet sich vor allem in der Tonalität, aber teils auch in der Handlung stark vom Roman. "Slash Film"  bringt es auf den Punkt: “Während Austens 'Persuasion' eine düstere, melancholische Geschichte ist, in der es weniger um eine herzzerreißende Romanze als um die Selbstbehauptung einer Frau geht, ist Cracknell's Adaption eine schräge Liebeskomödie (...)."

Lässige Sprüche anstatt emotionale Vielschichtigkeit also. Kurzlebige Unterhaltung anstatt nachhallendes Nachdenken.

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Klar, alle Roman-Verfilmungen müssen Änderungen am Original-Stoff vornehmen, um ihn in ein passendes (und engeres) Film-Gewand zu pressen. Auch die Modernisierung von historischen Romanen – und insbesondere von Austen-Büchern – kann gelingen, man denke nur an den Kultfilm "Clueless", der Austens "Emma" mit viel Charme in die Welt der 90er transportierte. Das Wichtigste dabei ist aber, dass die Essenz des Originals erhalten bleibt.

Genau daran scheitert Netflixs "Persuasion" auf ganzer Linie, wie auch "Bustle" anmerkt: Die MacherInnen des Films würden den Roman "grundlegend missverstehen" und "[d]as Problem mit 'Persuasion' ist nicht, dass der Film die Handlung falsch versteht, sondern, dass er nicht vermittelt, wie es sich anfühlt, das Buch zu lesen."

In der Schule würde man dazu sagen: Themenverfehlung, Nicht Genügend, setzen!

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Anne ist nicht mehr Anne

Auch Dakota Johnsons Anne Elliot ist nicht dieselbe Anne wie im Roman. Dort ist sie eine feministische Frau, ohne sich dessen überhaupt bewusst zu sein, vielmehr ist sie ihrer Zeit voraus, weil sie ihrem Herzen folgt. Johnsons Anne aber wird inkohärent dargestellt: Obwohl eigentlich eine betont moderne Frauenfigur, "kämpft [sie] ausgesprochen wenig für ihre Rolle als Frau in der Gesellschaft", analysiert "Glamour". "Lieber trinkt sie Wein und gibt sich voll und ganz ihrem Liebesdrama hin."

Feminismus schaut jedenfalls anders aus, sowohl damals auch als auch heute. Zudem stelle Johnson Anne "oft so tollpatschig, übertrieben und dümmlich dar, dass ihre Anne und die Anne aus der Buchvorlage ungefähr nichts mehr gemeinsam haben." Dazu kommt, dass die Film-Anne ihr Herz auf der Zunge trägt, anstatt ihre Gefühle für sich zu behalten, was die Figur aber eigentlich ausmacht. Auch hier wieder: Der Mut des Romans zum Subtext fehlt vollkommen und musste dem Holzhammer weichen.

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Große Änderung in der Handlung

Was die Handlung betrifft, gibt es vor allem einen großen Unterschied zum Roman: William Elliot (Henry Golding) ist nicht mehr der böse Widersacher – zumindest nicht in dem Ausmaß, wie es im Buch der Fall ist. Das lässt den Film eher zu einer romantischen Dreiecksgeschichte werden. Auch auf die Figur der Mrs. Smith, eine verwitwete Schulfreundin von Anne, die von William finanziell betrogen wurde (Kurzfassung!), verzichtet der Film vollends.

Das schlechte Verhalten von William in Bezug auf Mrs. Smith wird also von Cracknell vollkommen unterm Tisch fallen gelassen, sein Charakter (im Vergleich zum Roman) somit verharmlost. Auch die Heirat zwischen William und Mrs. Clay, eine Freundin von Annes Schwester Elizabeth, macht in diesem Kontext nur noch wenig Sinn. 

Unser Rat: Besser das Buch zur Hand nehmen, anstatt wertvolle Lebenszeit mit dem Netflix-Film verschwenden! Ist auch am Strand oder im Freibad viel angenehmer ...