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ORF-Novelle: Die Kritiken zusammengefasst

Die Neuordnung der gesetzlichen Rahmenbedingungen für den ORF wäre für den "in seiner Funktionalität gefährdeten österreichischen Medienmarkt" eine Chance gewesen, die allerdings kaum genutzt wurde. Das erklärte der Medienwissenschafter Josef Seethaler am Donnerstag im Gespräch mit der APA. Sieht man sich zum Beispiel die neuen Vorgaben zur "Blauen Seite" an, gehe das in eine "falsche Richtung". Die Verknüpfung der neuen Finanzierung mit Sparmaßnahmen sei "unsinnig".

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Österreich manchmal internationales Vorbild in Medien-Belangen

Sehe man sich die lange Zeit äußerst gemächliche österreichische Medienpolitik an, müsse man der Bundesregierung zumindest attestieren, dass sie Dinge auf den Weg bringe, so der auch für die Europäische Kommission tätige Forschungsgruppenleiter "Medien, Politik & Demokratie" vom Institut für vergleichende Medien- und Kommunikationsforschung (CMC) der Akademie der Wissenschaften (ÖAW) und der Uni Klagenfurt. Manches, wie etwa das Kommunikationsplattformgesetz oder das "Hass im Netz"-Gesetz habe durchaus internationalen Vorbildcharakter. "Manches, wie die Umsetzung der 'Whistleblower-Richtlinie' oder die Digitalförderung, geschieht mittelmäßig", so Seethaler.

Die ORF-Digitalnovelle reihe sich aber eher am unteren Rand des "gemischten Bildes" ein. Hier habe man versucht, "es allen irgendwie recht zu machen - das kann nicht gelingen", so der Wissenschafter. Tatsächlich wäre der Prozess einen Chance gewesen, "auf die radikalen Veränderungen in Medienangebot und -nutzung zu reagieren". Dafür hätte es jedoch eine tiefere Reflexion über und ein Gesamtkonzept für die Rolle des öffentlich-rechtlichen Rundfunks geben müssen.

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Gesamtkonzept fehlt

Man hätte über ein sinnvolles Ausbalancieren von öffentlich-rechtlichen, privaten und nicht-kommerziellen Medienanbietern intensiv nachdenken können. "Wir brauchen sie alle in einer demokratischen Medienordnung", so Seethaler. Auch von den Medienunternehmen sollte hier mehr kommen, als die meist reflexhaft geführte Diskussion aktuell hergebe. "Das Gesamtkonzept fehlt deutlich", das lasse sich an den Ankündigungen zum ORF nun beispielhaft ablesen.

In anderen Ländern mache man sich weiterführende Gedanken zu "mehr technischen und publizistischen Kooperationen", zu starken Antworten auf Desinformation oder zum aktiven Einbeziehen des Publikums, "das längst kein bloß konsumierendes mehr ist".

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Finanziell nicht umsetzbar

Sehe man sich jetzt die neuen Einschränkungen für die "Blaue Seite" orf.at mit der wöchentlichen Textbegrenzung auf 350 Artikel an, die noch dazu nur überblickhaft sein sollen, gehe das in die falsche Richtung: "Es geht ja nicht darum, ein paar Informationen zu bieten. Das genau ist kein zeitgemäßer Umgang mit Onlineformaten. Es braucht Ansprache, Interaktivität, Einbindung, Empowerment." Auf der monetären Seite sei die Realität zudem weit davon entfernt, dass ein verringertes Angebot auf orf.at plötzlich mehr Leser und Anzeigenkunden bei anderen Medien andocken ließe. Der größte und stark wachsende Teil des Werbekuchens von rund zwei Milliarden Euro geht schließlich an die globalen Plattformen Google, Meta & Co.

Die von der Politik vorgetragene Idee eines "Nullsummenspiels" für den ORF durch die Finanzierung mit der neuen Haushaltsabgabe sei "nicht haltbar". "Es müssen natürlich Einsparungen folgen", so Seethaler, der die von der Politik forcierte Verknüpfung der Neuaufstellung der ORF-Finanzierung einerseits und die Sparmaßnahmen bei Gehältern, Personal und Co andererseits höchst kritisch sieht: "Beides ist wichtig. Es sind aber zwei verschiedene Paar Schuhe."

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Letztlich lenke all das von der zentralen Frage nach der grundsätzlichen Aufstellung des Rundfunks ab. Blicke man nach Deutschland, habe man es hierzulande mit einer Debatte zu tun, in der vielfach Denkverbote dominieren. An größere, offene, demokratiefördernde und nicht marktgetriebene Ideen zu Plattformlösungen u.a. zusammen mit privaten kommerziellen und nicht-kommerziellen Medienanbietern denke man kaum, so der Forscher. Nach der vielfach verschlafenen Digitalisierung und dem nicht mehr zeitgemäßen, lange vor sich hergetragenen Fokus auf "Zeitungsleser" mancherorts, drohe man erneut ins Hintertreffen zu geraten.