13. Österreichischer Filmpreis: "Vera" als bester Film gekürt
Das semidokumentarische Projekt "Vera" des Regieduos Tizza Covi und Rainer Frimmel hat sich beim 13. Österreichischen Filmpreis, der am Donnerstag im Wiener Globe verliehen wurde, die Königskategorien Bester Film und Beste Regie gesichert. Inklusive der Schnittehrung konnte "Vera" aus seinen vier Nominierungen ein Trophäentrio machen, was auch die anwesende Titelfigur Vera Gemma erfreute.
"Eismayer" und "Corsage" meiste Preise erhalten
Die meisten Ehrungen des Abends indes nahm ein Duo aus David Wagners Bundesheerromanze "Eismayer" und Marie Kreutzers Sisi-Parabel "Corsage" mit je vier Würdigungen nach Hause. Bei "Eismayer" triumphierten unter anderem die beiden Schauspieler Gerhard Liebmann (Hauptdarsteller) und Luka Dimić (Nebendarsteller). "Ich habe mich selten so gewollt gefühlt", zollte Liebmann in seiner Dankesrede dem Projekt seinen Respekt.
Für das vom Skandal um Nebendarsteller Florian Teichtmeister gebeutelte Historiendrama "Corsage" holte indes unter anderem Hauptdarstellerin Vicky Krieps wie schon in Cannes und beim Europäischen Filmpreis die Trophäe. Das Quartett der geehrten Schauspielkräfte komplettierte Gerti Drassl für ihre Leistung als beste Nebendarstellerin in Adrian Goigingers "Märzengrund".
Und beim Dokumentarfilm, den im Vorjahr Covi und Frimmel mit "Aufzeichnungen aus der Unterwelt" für sich hatten entscheiden können, triumphierte Claudia Müller mit ihrem Literaturessay "Elfriede Jelinek - Die Sprache von der Leine lassen".
Causa Teichtmeister Thema auf Preisverleihung
Zugleich gestaltete sich die Gala wie schon im Vorjahr, als die MeToo-Debatte in der Filmbranche die unbeschwerte Stimmung trübte, gerade zum Auftakt durchaus nachdenklich. Das Präsidentschaftsduo der ausrichtenden Filmakademie, Verena Altenberger und Arash T. Riahi, adressierte die Diskussion rund um die Causa Florian Teichtmeister direkt.
Schließlich war der Schauspieler, dem der Besitz Zehntausender Darstellungen von Kindesmissbrauch vorgeworfen wird, doch in zwei der nominierten Filme ("Corsage" und "Serviam") zu sehen, was auch eine kleine Gruppe von Demonstranten zum lautstarken Protest vor dem Globe veranlasste.
"Wir wollen informierte und letztendlich klare Worte finden", machten Altenberger und Riahi deutlich. Ziel sei nicht zuletzt für die Filmbranche eine "Transformation von der Kultur des Wegschauens zu einer Kultur des Hinschauens".
Einen emotionalen Appell richtete in diesem Zusammenhang auch "Corsage"-Regisseurin Marie Kreutzer in ihrer Dankesrede anstelle der verhinderten Vicky Krieps an die versammelten Kolleginnen und Kollegen. Die Causa Teichtmeister sei zu einer Causa 'Corsage' gemacht worden. Dabei begegne man den Fragen von Missbrauch überall in der Gesellschaft: "Das ist nicht das Problem von 'Corsage', auch nicht der Akademie oder der Filmbranche - das ist unser aller Problem."
Sichere Arbeitsbedingungen an Filmsets
Deshalb gelte es, Arbeitsbedingungen beim Film zu schaffen, die Missbrauch möglichst vorbeugten und gegebenenfalls Konsequenzen ermöglichten: "Je mehr, je offener, je ehrlicher wir auch in unserer Branche über Machtmissbrauch und Übergriff in und um Filmteams sprechen, je mehr der Geschichten, die wir alle kennen, werden publik werden. Das ist wichtig, und das ist schmerzhaft für viele", so Kreutzer, die drei anonyme Beispiele nannte.
So habe ein Filmemacher als "Penisdouble" für einen Darsteller fungiert, der die Oralsexszene mit einer Kollegin nicht realistisch genug darstellen wollte. Weiters soll in einem anderen Fall ein Darsteller vor der Maskenbildnerin onaniert haben sowie ein anderer Darsteller für eine Hauptrolle verpflichtet worden sein, obwohl eine gerichtliche Wegweisung seiner Lebensgefährtin vorgelegen habe.
Marie Kreutzer bedankte sich deshalb bei jenen, die ihr und ihrem Team in der Diskussion um den Fall Teichtmeister die Solidarität bekundet hätten. Zurückgezogene Förderungen, Filmpreise oder Ausladungen seien nur Momentaufnahmen. "Wie wir als Menschen und KollegInnen miteinander umgehen, das zählt", so Kreutzer.
Schon das Motto der von Regisseurin Catalina Molina gestalteten Preisverleihung, "Durch Nacht zum Licht", spiegelte die ambivalente Lage der heimischen Filmbranche im abgelaufenen Jahr. Zugleich führte das Moderationsduo Julia Jelinek und Thomas Mraz charmant und humorvoll durch den Abend.
Über die 16 Preiskategorien abseits des publikumsstärksten Films entschieden die derzeit exakt 600 Mitglieder der Akademie des Österreichischen Films. Entschieden ist daneben auch, dass der 14. Filmpreis 2024 wieder in Wien und nicht wie bis dato alternierend in Grafenegg stattfinden wird. So hat die Filmakademie ihre Kooperation mit Niederösterreich aufgrund der dortigen FPÖ-Regierungsbeteiligung für beendet erklärt.