"Fair Play": Wir erklären euch das Ende des Erotik-Dramas
Von Manuel Simbürger
Lust, Ehrgeiz und destruktive Genderdynamik: Der neue Netflix-Streifen "Fair Play" mit Phoebe Deynevor und Alden Ehrenreich huldigt die Erotik-Psychothriller aus den 90er-Jahren und bemüht sich redlich, eine kritische Analyse zu Machtspielen in einer (heterosexuellen) Beziehung sowie in der eiskalten Finanzwelt abzuliefern. Was passiert, wenn überraschend die Frau und nicht der Mann befördert wird? Ändert das ihre Verhaltensweise – und kann sein Ego mit der Demütigung umgehen?
Dass "Fair Play" in der Theorie sehr viel richtig macht, in der Praxis aber weniger, könnt ihr hier nachlesen. Folgend erklären wir euch zusammengefasst das Ende – und zwar mit den Augen der Regisseurin Chloe Domont. Logisch, aber trotzdem: Massive Spoiler-Gefahr!
Schockierendes Ende
Wir erinnern uns: Der Streit zwischen Emily (Deynevor) und Luke (Ehrenreich) eskaliert im Verlauf der Handlung immer mehr, wird zum gnadenlosen Psychoduell, der schließlich in Emilys Vergewaltigung durch Luke endet. Dieser ist sich seines Vergehens zuerst gar nicht bewusst, schließlich hat das ganze als leidenschaftlicher Sex begonnen – und gibt es in einer Verlobung so etwas wie Vergewaltigung überhaupt?
Die zahlreichen Hämatome an Emilys Körper aber sprechen deutlich eine andere Sprache. Sie konfrontiert Luke mit dem Geschehenen, der überrascht reagiert. Als dieser das Verbrechen runterspielen möchte und noch dazu arrogant damit prahlt, bald wieder beruflich auf die Füße zu kommen, brennen bei Emily die Sicherungen durch: Sie greift nach einem Messer und sticht auf den Arm ihres (Noch-)Verlobten ein. Panisch vor Angst und mit schmerzverzerrtem Gesicht bettelt Luke um Vergebung. Blut tropft auf den Boden. Abblende. Credits. Aus.
Es beginnt und endet mit Blut
Das Ende kommt sehr abrupt daher, die Veränderung, die Luke durchmacht und die Strafe, die er erfährt, gleicht einem #MeToo-Lehrstück, das gar etwas plump die Prämisse "Starke Frau, schwacher Mann" unterstreicht und der vorhergehenden komplexen Entwicklung der Beziehung nicht gerecht wird.
Doch (wie so oft bei "Fair Play") hat auch die letzte Einstellung der Blutlacke am Teppich einen doppelten Boden: Zu Beginn des Films haben Emily und Luke leidenschaftlichen Sex miteinander, trotz Emilys Regelblutung – woraufhin Lukes Gesicht und Emilys Kleid mit Menstruationsblut beschmiert ist. Die Beziehung zwischen den beiden beginnt und endet also mit Blut, zuerst mit weiblichem, dann mit männlichem. Blut, der Saft des Lebens, verbindet, Blut trennt. Philosophisch, eigentlich.
Das sagt Regisseurin Domont zum Ende
Im Gespräch mit "Netflix Tudum" erklärt Regisseurin Chloe Domont (die auch das Drehbuch zu "Fair Play" verfasste – und zwar basierend auf persönlichen Erlebnissen!) ihre Interpretation des Filmendes und geht vor allem auf die Geschlechterdynamik ein, die im Finale endgültig ihren Höhepunkt erreicht:
"Während es hier zwar Elemente weiblicher Wut gibt, geht es in dieser letzten Szene nicht um weibliche Wut, sondern darum, einen Mann für seine Taten zur Rechenschaft zu ziehen und sich seiner eigenen Minderwertigkeit zu stellen", so Domont. "Lukes Unfähigkeit dazu zu stehen, bereitet den beiden so viel Schmerz und Zerstörung. Für mich läuft der gesamte Film auf diesen Moment hinaus, als Emily Luke dazu bringt sein eigenes Versagen und seine eigene Schwäche anzuerkennen, indem er die Worte 'Ich bin nichts' murmelt – denn noch mehr als um weibliche Selbstermächtigung geht es im Film um männliche Fragilität."
Gut erklärt – doch trotzdem hätte "Fair Play" dann doch ein facettenreicheres, weniger klischeehaftes Ende verdient. Was denkt ihr?