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"Deutsches Haus": Die wahre Geschichte der Disney+-Serie

Die vor kurzem erschienene Disney+-Serienverfilmung "Deutsches Haus" des gleichnamigen Romans von Annette Hess ruft den Frankfurter Auschwitz-Prozess aus dem Jahr 1963 erneut ins Gedächtnis. Für all diejenigen, die sich noch nicht mit dem Teil der deutschen Nachkriegsgeschichte auseinandergesetzt haben oder eine Auffrischung brauchen, fassen wir die wahre Geschichte, die hinter "Deutsches Haus" steckt, zusammen. 

Außerdem verraten wir euch, welche Figuren bzw. Personen es wirklich gab und was erfunden wurde

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Geschichte der Frankfurter Auschwitz-Prozesse

Insgesamt gab es drei Auschwitz-Prozesse in Frankfurt. Der Erste fand von 1963 bis 1965, der Zweite von 1965 bis 1966 und der Dritte von 1967 bis 1968 statt. Während im ersten Verfahren 22 Männer auf der Anklagebank Platz nahmen, standen in den folgenden Jahren nur noch drei bzw. zwei Personen vor Gericht. 

Das waren die Urteile des ersten Frankfurter Auschwitz-Prozesses: Zwei Angeklagten wurde wegen Krankheit (vorerst) nicht weiter der Prozess gemacht. 16 Personen wurden zu Gefängnisstrafen verurteilt, sechs von ihnen lebenslang, die anderen zehn mit Haftstrafen von drei bis 14 Jahren. Hans Stark, der erst 19 Jahre alt war, als er nach Auschwitz kam, erhielt 10 Jahre Haft als Jugendstrafe. Drei Angeklagte wurden aus Mangel an Beweisen freigesprochen.

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Warum fallen manche Strafen so milde aus? 

Das juristische Problem liegt vor allem daran, dass das Strafgesetzbuch für angeordneten Massenmord keine Regelungen hat. Deshalb musste den SS-Offizieren einzelne Verbindungen zu einem spezifischen Mord nachgewiesen werden können, was aufgrund mehrerer Faktoren kaum möglich war: Zum einen lebten viele Zeug:innen nicht mehr, da sie selbst im Konzentrationslager umgekommen waren. Zum anderen wurden kurz vor der Ankunft der amerikanischen Soldaten in Auschwitz Unmengen an Beweisen für die Gräueltaten, die dort vonstattengingen, zerstört

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Größter Prozess der Nachkriegszeit 

Der erste Frankfurter Auschwitz-Prozess war nicht nur der größte, sondern auch der bedeutendste aller Prozesse der Nachkriegszeit, da die furchtbaren Taten in Auschwitz nicht mehr geleugnet werden konnten. Er trug dazu bei, dass das Verdrängen und das Vergessen aufhören und die Aufarbeitung des Holocausts beginnen musste. 

Es gab noch andere Auschwitzprozesse in- und außerhalb Deutschlands, die sich mit den Verbrechen des Zweiten Weltkriegs auseinandergesetzt haben: In Nürnberg (1945), Krakau (1947) und in Wien (1972) fanden Gerichtsverfahren gegen SS-Offiziere und andere Beteiligte statt. Seit 2015 kommt es zudem infolge einer veränderten Rechtsauffassung in Deutschland zu mehreren Prozessen gegen frühere SS-Männer. 

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Gab es den Ortstermin in Auschwitz wirklich? 

In der vierten Folge der Disney+-Serie reisen Eva Bruhns, die Staatsanwaltschaft Frankfurts und die Anwälte der Angeklagten zusammen in das Konzentrationslager Auschwitz-Birkenau. Nur so können sie nachvollziehen, ob die Aussagen der SS-Offiziere, sie hätten "von den Vergasungen nichts mitbekommen, weil sie nichts gesehen hätten", stimmen konnten. 

Diesen Ortstermin in Auschwitz gab es wirklich. 

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Gab es Eva Bruhns wirklich? 

Figuren wie Eva Bruhns und ihre Eltern gab es in Wahrheit nicht. Es gab zwar durchaus Dolmetscher:innen beim ersten Frankfurter Auschwitz-Prozess, auch gab es im Konzentrationslager Köch:innen für die SS-Offiziere. Jedoch haben Eva, Edith und Ludwig Bruhns nie existiert. Sie sind eine Kreation von Annette Hess, der Autorin des Vorlagenromans "Deutsches Haus". 

Diese Personen gab es wirklich 

Die Angeklagten Wilhelm Boger, Robert Mulka und weitere sind historische Figuren. Auch in der Realität waren sie SS-Offiziere, die im KZ Auschwitz-Birkenau gedient haben und schließlich auf der Anklagebank in Frankfurt landeten. In der Serie behaupten die Männer immer wieder, dass sie sich nicht an ihre Zeit im KZ erinnern könnten oder sich nichts zuschulden hätten kommen lassen. So lief es auch bei den realen Frankfurter Auschwitz-Prozessen ab. Auch, dass ein Angeklagter konstant mit Sonnenbrille im Gerichtssaal saß, entspricht der Wahrheit. 

Vorgestellte Folterinstrumente wie die Boger-Schaukel, die nach einem der Angeklagten benannt wurde, gab es im Übrigen auch. 

Quellen: "Planet Wissen", "SWR", "NDR"