Filmkritiken

"Meine glückliche Familie": Eine Frau bricht aus

Manana (Ia Shugashvilli) wohnt mit ihrem Ehemann Soso (Merab Ninidze), ihren beiden erwachsenen Kindern, deren Lebenspartnern und ihren eigenen Eltern in einer Wohnung. Was im Westen als unzumutbare Wohnsituation gilt, gehört in Georgien zum Familienalltag. Manana ist jedoch mit der Situation überfordert und sucht sich eine eigene Wohnung, weg von ihren Kindern und weg von ihrem Ehemann. Nein, sie will sich nicht scheiden lassen, sie will nur alleine leben, ein Wunsch der auf viel Gegenwind bei der großen Familie stößt.

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Die neue Wohnung ist alles andere als gemütlich, keine Möbel oder Pflanzen, sie wirkt eher wie eine Übergangslösung als wie ein neues Kapitel, aber Manana fühlt sich wohl. Alle Versuche der Familie, sie zurück nach Hause zu holen, scheitern. Es kann doch nicht sein, dass eine Frau nicht mit ihrer Familie wohnen will. Manana richtet sich Schritt für Schritt ihren Lebensraum ein, anstelle von streitenden Kindern tritt Chopin, und die Kochtöpfe werden gegen Bücher ausgetauscht.

Glückliche Familie - unglückliche Frau

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Meine glückliche Familie“ ist aus Mananas Perspektive erzählt. Die introvertierte Lehrerin versucht das Chaos um sich herum in den Griff zu kriegen, dabei schraubt sie ihre eigenen Bedürfnisse zurück. Leider fehlt es der Frauenfigur an Tiefe, weshalb es immer wieder zu Längen in den zwei Stunden Laufzeit kommt, in denen man gerne mehr von der Familie gesehen hätte. Ia Shugashvilli stand das erste Mal vor der Kamera und besticht durch ihr ruhiges Spiel, aber schafft es leider nicht, die zu einfach gestrickte Figur aus den Fesseln des Drehbuchs zu befreien.

Regieduo Nana und Simon

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Regie führte das Duo Nana Ekvtimishvili und Simon Groß. Die Beiden lernten sich während des Filmstudiums in Berlin kennen und leben inzwischen gemeinsam in Georgien. Ihre präzise Kamera- und Schnittarbeit sticht bei „Meine glückliche Familie“ besonders ins Auge. In langen ruhigen Plansequenzen wird das Familienchaos aus einer sicheren Entfernung beobachtet. Genau wie die Hauptfigur bewegt man sich unausweichlich durch die engen Räume und schleicht sich an Verwandten vorbei. Die aufwendigen Choreografien der Familienmitglieder sind so natürlich inszeniert, dass man stellenweise glaubt, man wäre in einem Dokumentarfilm.

Die deutsch-georgsich-französische Koproduktion feierte ihre Weltpremiere am Sundance Filmfestival in den USA und war kurz darauf im Forum der Berlinale zu sehen. "Meine glückliche Familie", ein kompaktes Familiendrama mit zynischem Titel!

7 von 10 singenden Gästen

Özgür Anil