"Maria Magdalena": Die Apostelin an Jesus Seite
Maria Magdalena (Rooney Mara) wird von ihrer Familie beschuldigt, von Dämonen besessen zu sein. Bei einem Ritual im Meer soll ihr mit Gewalt das Böse ausgetrieben werden. Kurz vor ihrem Ertrinken lassen die vermeintlichen Exorzisten von ihr ab. Sie weiß, dass sie hier nicht mehr bleiben kann. Als Jesus (Joaquin Phoenix) mit seinen Jüngern in ihr Dorf kommt, ist sie von seinen göttlichen Kräften fasziniert. Nachdem er einen Toten wieder zum Leben erweckt, ist sie sich sicher, dass sie ihm folgen muss. Sie trotzt dem Widerstand ihrer Brüder und beschließt, sich den Jüngern anzuschließen, um mit ihnen nach Jerusalem zu marschieren.
Abgestempelt
„Maria Magdalena“ erzählt die Geschichte einer Frau, die über hunderte Jahre als Prostituierte abgestempelt wurde und nie die gleiche Anerkennung wie die anderen Jünger von Jesus erhielt. Erst im Sommer 2016 veranlasste Papst Franziskus, Maria Magdalena den anderen Aposteln gleichzustellen. Das Drama ist jedoch keine reine Huldigung der Verstoßenen, sondern geht auch auf den Leidensweg von Jesus ein.
Streichmusik
Regisseur Garth Davis, der letztes Jahr mit „Lion“ ein kitschiges Spielfilmdebut der Sonderklasse hinlegte, warf diesmal einen glaubhafteren Blick auf das Geschehen vor der Kamera. Die dramatischen Höhepunkte leiden zwar noch immer am inflationären Einsatz von Streichmusik, werden aber durch die Performance von Rooney Mara und Joaquin Phoenix abgefedert.
Besessen
Joaquin Phoenix erinnert als Jesus an seine 2010 erschienene Mockumentary „I’m still here“, in der er sich vom Schauspielen lossagt und seiner wahren Liebe, der Rap-Musik, nachgeht. Ein bisschen von diesem Wahnsinn ist auch in seiner Interpretation von Jesus zu spüren. Ein Außenseiter, an dem sogar manchmal seine treusten Apostel zweifeln. Im Kontrast dazu steht Rooney Mara, die ihm engelsgleich folgt und es trotz körperlicher Distanz schafft, Erotik in das Drama einfließen zu lassen. In den Nebenrollen glänzen Chiwetel Ejiofor und der französische Starschauspieler Tahar Rahimi.
Weinstein-Company
„Maria Magdalena“ war ein heißer Kandidat für die eine oder andere Oscar-Nominierung und hätte bereits im Herbst in den Kinos erscheinen sollen, doch die im Februar beinahe Pleite gegangene Weinstein Company verschob den Kinostart. Produziert wurde das biblische Drama von der britischen Firma „See - Saw Films“, die bereits für Welterfolge wie „The King’s Speech“ und „Shame“ verantwortlich waren.
Die Spannung hält sich bei der eher schleppenden Handlung zwar in Grenzen, aber das Drama punktet durch das kontroverse Thema und einen neuen Blick auf die Entstehung des Christentums.
7 von 10 Jüngern
Özgür Anil