"Luis und die Aliens": Teleshopping für Außerirdische
Von Franco Schedl
Irgendwo dort draußen werden sie wohl sein, die Aliens. Zumindest ist Herr Sonntag fest davon überzeugt: seit er als kleiner Junge von einem Weltraummonster erschreckt wurde, das aber außer ihm niemand zu Gesicht bekommen hat, widmet er sein ganzes Leben dem Aufspüren solcher außerirdischen Bedrohungen. Bisher war er leider absolut erfolglos und gilt bei seinen Mitmenschen als Sonderling oder Spinner.
Ein Ufologe als Vater
Dabei hat der Witwer einen 11jährigen Sohn namens Luis, um den er sich eigentlich kümmern sollte. Das klappt aber nicht besonders gut, weil der selbsternannte Ufologe den ganzen Tag schlafend auf der Couch verbringt, um dann die Nacht hindurch das Weltall im Auge zu behalten und immer eine selbstgebastelte Schockfrostkanone griffbereit hält, damit er eine Alieninvasion noch in der Anfangsphase stoppen kann. Luis selbst glaubt zwar nicht an Außerirdische, wird aber in der Schule wegen seines Vaters gehänselt, und das völlig heruntergekommene Haus, in dem die Sonntags leben, ist den pingeligen Nachbarn ein Dorn im Auge. Die Situation spitzt sich weiter zu, als der Schuldirektor mit einer extrem unsympathischen Internatsleiterin aufkreuzt, um zu entscheiden, ob Luis womöglich von daheim ausziehen muss, weil sein Vater die Aufsichtspflicht vernachlässigt. Und dann sind die Aliens plötzlich da, und ausgerechnet Luis läuft ihnen über den Weg. Das führt zu einer ungewöhnlichen Freundschaft und etlichen verrückten Aktionen.
Animation aus Europa
Gerade auf dem europäischen Animationssektor hat sich in den letzten Jahren eine Menge getan, und eine Reihe von mehr oder weniger geglückten Filmen ist ins Kino gekommen. Dazu zählt auch diese deutsch-luxemburgisch-dänische Koproduktion der Zwillingsbrüder Lauenstein, die bereits 1990 einen Oscar für ihren Animations-Kurzfilm „Balance“ gewonnen haben. Mit Mitte 50 konnten sie nun ihren ersten langen Animationsfilm verwirklichen und liefern eine absolut witzige, sehr rasante Alien-Komödie für die ganze Familie.
Die Lauensteins lassen ihr Werk übrigens in Amerika spielen, weil dort UFO-Sichtungen und Begegnungen der dritten Art wohl besonders glaubwürdig wirken. Außerdem haben sie für erwachsene Zuseher etliche Filmzitate eingebaut – so wird zum Beispiel eine legendäre Spiegel-Szene der Marx Brothers nachgespielt oder die widerliche Schreckschraube aus dem Internat bekommt eine Frisur à la Frankensteins Braut verpasst. Dass gerade diese Frau etwas zu verbergen hat, ahnt man schon bald, aber was es mit dem seltsamen Eisverkäufer auf sich hat, der alles und jeden genau zu beobachten scheint, erfahren wir erst ganz zuletzt. Schließlich können nicht alle Außerirdische so freundlich wie unsere drei Besucher sein; und leichtgläubig sind sie obendrein, denn sie haben den Planeten Erde nur betreten, weil sie unbedingt etwas erwerben wollen, das sie beim Zappen durchs terrestrische Fernsehprogramm auf einem Shopping-Sender gesehen haben.
Drei bunte Aliens
Die extrem verformbaren grünlich-gelben Alien-Kerlchen heißen Mog, Nag und Wabo und gleichen aufgeblasenen Luftballons oder Gummibällen: sie sind entweder länglich oder kugelrund, sehen mit ein, zwei oder drei Augen in die Welt und besitzen entsprechend viele (bzw. wenige) trompetenförmige Ohrenauswüchse. Zweifellos haben andere berühmte kleine gelbe Wesen bei Erfindung dieser Weltraum-Chaoten Pate gestanden, denn in ihrer Schusseligkeit erinnern die Drei stark an die Minions. Außerdem verfügen sie über eine ganz spezielle Fähigkeit: mittels einer etwas unappetitlichen Prozedur können sie sich in jedes beliebige Lebewesen verwandeln, was der in Bedrängnis geratene Luis zu seinem Vorteil ausnutzt. Dadurch ergeben sich ein paar urkomische Verwechslungen und das Werk legt eine besondere Art von Humor an den Tag, die Klein und Groß gleichermaßen begeistern wird. Ich kann hier natürlich nur für uns Erdlinge sprechen, weil ich über das Humorempfinden von Außerirdischen zu wenig Bescheid weiß.
8 von 10 auf volle Kraft gedrehte Schockfrostkanonen