Filmkritiken

LILIPUT RELOADED

Auf der Suche nach einer großen Story über das Bermuda-Dreieck landet der kleine Post-Angestellte und Möchtegern-Reiseschriftsteller Gulliver im unentdeckten Land Liliput, das selbstverständlich von Liliputanern bevölkert wird. (Aha, erwischt: so unentdeckt kann das Land dann auch wieder nicht sein, wenn sich der davon abgeleitete Name für Kleiwüchsige bereits seit Langem in unserem Sprachgebrauch eingebürgert hat.) Dort schneidet der Dödel auf, was das Zeug hält und beeindruck die Winzlinge gewaltig. Leider geraten sie auf Grund seiner Schwindeleien aber in große Gefahr und so entdeckt Gulliver erstmals in seinem Leben, dass auch noch etwas anderes als sein Ego zählt.

In dieser modernisierten 3D-Veriante des klassischen Romans ist von Jonathan Swifts bissiger Satire nicht viel übrig geblieben. Das wäre bei einem unbeschwerten Familienfilm nicht weiter tragisch, da schließlich dieselbe Verwässerung seit Generationen auch auf dem Buchsektor dank kindergerechter Bearbeitungen des Stoffs praktiziert wird. Trotzdem macht sich gerade bei Rob Lettermans Film eine gewisse Naivität störend bemerkbar: nicht einmal der Versuch wird unternommen, Spurenelemente von Glaubwürdigkeit zu wahren. Meinetwegen, die akustische Verständigung zwischen dem 20m-Riesen Gulliver und den Kleinlebewesen auf Liliput muss anstandslos klappen, um eine zügige Handlung zu gewährleisten, aber wenn unser tapsiger Held hinter einem Palasteck versteckt als Souffleur in Liebesdingen tätig wird, tut man sich schon verzweifelt schwer mit der Annahme, dass die kleine Prinzessin auf dem Erker zwar den schüchternen Anbeter aber nicht den großen Einflüsterer hört, obwohl dessen Gezischel eigentlich auf der ganzen Insel widerhallen müsste. Auch die Arbeitswut der Liliputaner zeigt verblüffende Ergebnisse: da zieht das ameisenfleißigen Völkchen innerhalb weniger Stunden eine Luxusvilla für einen Bewohner in normalmenschlicher Größe hoch und bewirkt noch ein paar andere Bauwunder.

Solche Szenen trüben einfach die gute Laune, und sich hier auf eine Märchen-Logik herausreden zu wollen, hieße nur, die Intelligenz der Drehbuchautoren Joe Stillman und Nicholas Stoller noch stärker zu beleidigen.

Aber vermutlich sind diese Details einfach nebensächlich in der großen Jack-Black-Show: hier wurde alles auf den voluminösen Leib des ewig teenagerhaften US-Komikers zurechtgeschnitten und seine Rolle wirkt überhaupt wie ein Best of seiner bekanntesten Filme: Gullivers Kopfinhalt setzt sich aus Blockbuster-Filmen und Rockmusik zusammen und bietet somit die größte gemeinsame Schnittmenge aus „Abgedreht“ und „School of Rock“; seine stümperhaft praktizierten Kampfkünste erinnern an „Kung Fu Panda“ und als Riese muss er den Zwergen wie „King Kong“ erscheinen. Damit nicht genug, wurden noch reichlich andere Filmanspielungen hineingemengt (besonders zeitgeistig und dadurch erstklassig anödend sind die „Avatar“-Verweise ausgefallen).

Auf Seiten der Kleinen absolvieren z.B. eine ungewohnt komische Emily Blunt und Billy Connolly sozusagen Mini-Auftritte; während Gullivers große Liebe durch Amanda Peet verkörpert wird, die bei dieser Aufgabe extrem unterfordert wirkt.

Black selbst hat mit seinem Reiseabenteuer bereits eine Nominierung für die heurige Goldene Himbeere eingeheimst – aber eigentlich agiert er so perfekt vorhersehbar, dass man ihm gleich einen ganzen unvergoldeten Himbeerstrauch in die Hand drücken müsste.

Ich gestehe „Gulliver“ deshalb 4 Liliput-Punkte zu auf meiner kleingeratenen 8stelligen Filmskala.

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