Filmkritiken

"Kaffee mit Milch und Stress": Ein Dinosaurier im Wohnzimmer

Ein alter Kartoffelbauer lebt ganz in der Vergangenheit, weil seiner Meinung nach früher in Finnland alles besser gewesen ist, was den ganzen Film hindurch auch immer wieder durch Erinnerungsbilder von privaten Leben oder offiziellen politischen und sportlichen Ereignissen illustriert wird. Im Stil erinnert das an "Der Hundertjährige, der aus dem Fenster stieg und verschwand" - allerdings nicht so satirisch verfremdet. Der Film ist nämlich weder eine richtig überdrehte Komödie, noch eine ausgemachte Tragödie, sondern pendelt sich irgendwo dazwischen ein und zeigt die Kluft zwischen den Generationen auf recht unterhaltsame Weise.

Mit der Schwiegertochter unterwegs

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Nachdem ein morsches Brett der Kellertreppe unter dem Alten (so sein offizieller Rollen-Name) durchgebrochen ist, muss er sein Bein schonen und wird ins Haus des Sohnes in die Stadt verfrachtet. Dort stellen Mikrowelle, Elektroherd oder Smartphone große Anforderungen an ihn. Durch sein Verhalten bringt er zunächst die Schwiegertochter an den Rand der Verzweiflung. Er ist einfach ein alter Sturschädel, der überall dreinreden muss, weil er angeblich alles besser versteht. Dabei verbreitet er Weltansichten von anno dazumal und sondert pausenlos Weisheiten ab - bevorzugt über das andere Geschlecht oder andere Volksgruppen. Kleine Kostprobe gefällig? "Frauen sind anders böse als Männer. Sie schweigen so zornig, als würden sie laut schreien." Er mischt sich sogar in einen Geschäftsdeal mit russischen Investoren ein und übernimmt die Verhandlungsgespräche (was zu den unglaubwürdigeren Szenen gehört, denn die stets anwesende Schwiegertochter ist selber eine erfahrene Geschäftsfrau und würde ihn niemals so vorpreschen lassen).

Der Haussegen hängt schief

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Am besten verstehen sich noch die drei Enkeltöchter mit dem " Dinosaurier im Wohnzimmer" (erneut O-Ton der Schwiegertochter). Als dann sein Sohn hinzukommt, geht das Chaos in die nächste Runde, denn nun wird mit einer Motorsäge hantiert, weil den Alten ein Baum in der Einfahrt stört. Natürlich hängt bald der Haussegen in dieser finnischen Familie schief, aber auch die eigene Frau hat den Alten einst für längere Zeit verlassen und liegt nun als Pflegefall im Bett. Trotzdem findet alles zu einem versöhnlichen Ende auf dem Kartoffelacker.

Finnischer Filmerfolg

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Dome Karukoski gehört zu den renommiertesten Regisseuren Finnlands. In seiner Heimat hat das Werk im Erscheinungsjahr 2014 an den Kinokassen alle anderen Filme geschlagen (sogar Hollywood-Blockbuster wie „Der Hobbit“) und wurde für den Oscar eingereicht. Das ist zwar etwas übertrieben, beweist aber zumindest, dass sich die Erfahrung, wie fürchterlich anstrengend die eigenen alten Eltern sein können, nun wirklich nicht auf Finnland beschränkt.

7 von 10 besseren Punkten aus einer lange vergangenen Epoche

franco schedl