"Ich, Daniel Blake": Ein Lehrstück mit den besten Absichten
Der britische Zimmermann Daniel Blake ist ein patenter Kerl. Als ihm nach einem Herzinfarkt die Ärzte Arbeitsunfähigkeit bescheinigen, das Sozialamt aber keine Beihilfe bewilligt, gerät der Witwer jedoch in die kafkaesken Mühlen der Bürokratie, und sein Mutterwitz droht ihm allmählich abhanden zu kommen.
Blake nimmt zwar gern Werkzeug und Zimmermannsstift zur Hand, doch sobald es um die Anforderungen der modernen Technik geht, ist er ziemlich hilflos: allein der erzwungene Erstkontakt mit dem Internet kostet ihn viel Zeit, Schweiß und Frustrationserlebnisse. Seine eigene Misere hält ihn aber nicht davon ab, sich um eine junge Frau aus London zu kümmern, die mit ihren zwei kleinen Kindern gerade in Newcastle gestrandet ist und nicht weiß, wie sie finanziell über die Runden kommen soll.
Die Botschaft lautet: seid hilfsbereit und nett zu euren Nebenmenschen; lasst euch durch seelenlose Beamte nicht unterkriegen und vor allem zu keiner bloßen (Sozialversicherungs)Nummer degradieren. Das ist alles gut gemeint, toll gespielt und kurzweilig anzusehen - die lehrhafte Tendenz stört jedoch. Hier will jemand die These demonstrieren, wie faul das System ist und tut das in Form eines Brecht‘schen Lehrstücks, was heutzutage eher unkonsumierbar erscheint. Man merkt hinter jeder Szene die didaktische Absicht und hat den Eindruck, der Regisseur würde ständig mit erhobenem Zeigefinger neben seinen Figuren stehen und sich direkt an uns wenden: "SO ist das. Habt Ihr‘s verstanden? Wenn nicht, wartet auf die nächste Szene - da wird es NOCH deutlicher werden!"Besonders am Ende trägtKen Loachdann noch einmal so richtig dick auf - da wird die Hymne zum Gebet, und Daniel Blake steht kurz vor seiner Seligsprechung.
7 von 10 lehrhaften Punkten
franco schedl