Filmkritiken

"Halloween": Stilvolles Metzeln mit Nostalgiefaktor

Michael Myers ist zurück. Das klingt jetzt nicht gerade sehr aufregend, da er ohnehin bereits gefühlte zwanzig Mal sein blutiges Comeback gefeiert hat. Doch die "Halloween"-Version von 2018, die man besser H40 nennen sollte, um bei den vielen gleichlautenden Titeln nicht durcheinander zu kommen, geht von einem neuen Ansatz aus und tut so, als hätte es seit dem Originalfilm keine sieben Fortsetzungen (und erst recht keine zwei Rob Zombie-Remakes) gegeben. Stattdessen wird nur John Carpenters Horror-Klassiker von 1978 gelten gelassen und die Handlung knüpft genau dort wieder an.

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Alter Michael und neuer Arzt

Zwei britische Investigationsjournalisten suchen Michael in einer psychiatrischen Anstalt auf, wo er die letzten vier Jahrzehnte verbracht hat, ohne ein einziges Wort zu sprechen. Nicht einmal die vorgezeigte Halloween-Maske kann ihn dazu bringen, sich zu den Besuchern überhaupt nur umzudrehen. Daher bleibt er auch diesmal der gesichtslose Fleischberg, aber wir bekommen immerhin so viel mit, dass er inzwischen schon graue Bartstoppel trägt. Als Nachfolger des verstorbenen Dr. Loomis (Donald Pleasance) tritt ein Dr. Sartain (Haluk Bilginer aus „Winterschlaf“) in Erscheinung und sein Name klingt nicht ohne Grund sehr satanisch. Der Darsteller agiert, als käme er aus einer komplett anderen Ära: sein Akzent erinnert an Bela Lugosi, aber er schaut eher Boris Karloff ähnlich.

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Laurie für den Ernstfall gerüstet

Laurie Strode (Jamie Lee Curtis) hingegen lebt in einer selbstgebauten Festung. Sie hat sich die letzten Jahrzehnte über auf eine mögliche Wiederkehr des Boogeymans vorbereitet und auch ihre Tochter seit Kindertagen für den Ernstfall trainiert. Als der nach einem missglückten Gefangenentransport dann tatsächlich eintritt, ist sie mit so vielen Waffen bestückt, dass sie es locker mit einer ganzen Armee von Psychopathen aufnehmen könnte. Ob das den unstoppbaren Michael beeindruck, ist eine andere Frage - und so kommt es zu einem letzten(?) Kampf in Lauries Haus, bei dem sie zugleich ihre Tochter und Enkelin beschützen muss.

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70er-Jahre-Slasher-Feeling

Regisseur David Gordon Green („Pineapple Express“, „Stronger“) und das Blumhouse-Team haben alles richtig gemacht, um die Herzen von Horror-Enthusiasten schneller schlagen zu lassen. Keiner der vielen anderen Nachfolgefilme kommt dem Geist des Originals so nahe. Das Werk verbreitet durch die Filmmusik und das ganze Setting derart viel 70er-Jahre-Slasher-Feeling, dass man seinen Augen kaum trauen möchte, sobald einmal ein Smartphone auftaucht (was aber ohnehin nur sehr selten passiert). Die unverzichtbaren Schockmomente sind zwar altbekannt, aber zugleich altbewährt und wirken auch nach 40 Jahren hervorragend: es jagt uns noch immer einen gehörigen Schrecken ein, wenn der böse, böse Michael hinter seinen Opfern auftaucht oder aus dem Schrank eines Kinderzimmers springt, um einer Babysitterin an die Kehle zu gehen (und auch einige andere sehr unschöne Todesarten erwarten uns).

Die größte Spannung erzeugt jedoch die Frage: wird Michael endlich einen Ton - und sei es auch nur ein animalisches Grunzen - über die Lippen bringen?

4 von 5 Herz-Lungen-Stichen

franco schedl