"Man of Steel" auf Puls 4: Ground Zero in Metropolis
Von Franco Schedl
Auch Superhelden fangen selbstverständlich klein an bloß war das in diesem Fall bereits mehrfach der Fall und wenn das so weiter geht, wird die Lebensgeschichte Kal-Els alias Clark Kents bald öfter erzählt worden sein, als die eines anderen ganz besonderen Jungen mit dem Geburtsort Nazareth.
Weil der Regisseur aber Zack Snyder heißt und Fledermauskenner Christopher Nolan zu den ausführenden Produzenten des Films zählt, nehmen wir den nochmaligen Neubeginn der Heldensaga in Kauf: besteht doch die Hoffnung, dass wir einen Man of Steel geboten bekommen, wie es ihn bisher noch nie zu sehen gab.
Russell Crowe reitet den Drachen
Der Film beginnt tatsächlich so früh wie möglich mit der Geburt des Titelhelden. Russell Crowe spielt als Supermans leiblicher Vater eine Rolle, in der einst Marlon Brando für einen Kurzauftritt ein Vermögen kassierte. Im Gegensatz zu seinem Vorgänger verdient sich Crowe die Gage aber nicht so leicht, weil er gleich in den ersten Filmminuten kräftig um sich schlagen und einen vierflügeligen Drachen reiten muss, damit sein Sprössling die Reise Richtung Erde antreten kann, während der Planet Krypton implodiert.
Auch in weiterem Verlauf absolviert er als sein eigener Geist noch etliche Gastauftritte und erteilt dem inzwischen erwachsenen Sohn hilfreiche Ratschläge zum Besiegen des größenwahnsinnigen Militaristen Zod (von Michael Shannon mit entsprechend sturem Gesichtsausdruck gespielt); der möchte nämlich - auf Kosten der Menschheit - unseren Planeten in ein zweites Krypton verwandeln, damit seine Rasse weiterleben kann.
Menschlicher Superman
Nolan, der gemeinsam mit Drehbuchautor David S. Goyer die Geschichte entwickelt hat, wollte Superman nicht zu einer unnahbar gottähnlichen Figur machen, sondern ihn mit zutiefst menschlichen Problemen konfrontieren. Darum erscheint der Stählerne in Gestalt des Briten Henry Cavill auch mit einem komplexeren Innenleben ausgestattet als jemals zuvor, was Snyder zu der Bemerkung veranlasste: "Dies wird der realistischste Film, den ich je gedreht habe. Ist das nicht ironisch?"
Die Ironie liegt eher darin, diesen Film als realistisch einzustufen. Snyder überlässt die psychologischen Finessen Nolan und bleibt wie zu erwarten ein Mann fürs Grobe: vor allem in der letzten halben Stunde entfesselt er eine Zerstörungsorgie, die alles bisher Gesehene in den Schatten stellt.
Hochhaus-Trümmerwüsten
Superman entwickelt sich im Lauf des Films zu einem Spezialist im unangemeldeten Hereinplatzen, wobei er mit seinem Körper die Hauswand durchschlägt, quer durchs Gebäude segelt und es auf der anderen Seite genauso verlässt. Auch ansonsten müssen die Bauwerke leiden, denn im großen Endkampf rasiert er mit dem Kopf seines Gegners straßenzügeweise Hochhausfassaden ab und wird im Gegenzug ebenfalls effektvoll vermöbelt.
Dadurch entsteht eine Trümmerwüste, die ohne weiteres die Bezeichnung Ground Zero hoch 10 verdient hätte. Die Amerikaner arbeiten sich halt noch immer am 9/11-Trauma ab und werden von einem Film wie diesen in ihren Ängsten bestärkt, auch wenn New York hier eben Metropolis heißt. Schon klar: Superman muss seinem Namen gerecht werden, aber die endlose Bilderflut der Zerstörung kann einen normalsterblichen Kinobesucher heillos überfordern und obwohl es auf der Leinwand heiß hergeht, lässt uns das alles seltsam kalt. Hier hat Snyder eindeutig den Sieg über Nolan davongetragen.
Clark Kent tritt seinen Job an
Bei allem Vernichtungspotential sollte man nicht aus den Augen verlieren, dass es hier eigentlich darum geht, wie ein Mann seine Bestimmung und seinen Beruf findet. Erst ganz zuletzt setzt Clark Kent seine typische Brille auf und tritt einen Job als Reporter beim Daily Planet an.
Nachdem wir die Vorgeschichte somit absolviert hätten, wird eine Fortsetzung hoffentlich nicht gar so apokalyptisch und bedeutungsschwanger, sondern etwas entspannter mit etwas mehr Mut zu Humor. Bis dahin vergebe ich jedenfalls 3 von 5 Sicherheitsfenstern aus Kryptonit.
"Man of Steel" auf Puls 4 am 2. April um 20:15 zu sehen.