Filmkritiken

"Tod auf dem Nil" auf Disney+: 7 Indizien sprechen für den Film

Wie es sich für einen Kriminalfilm gehört, haben wir an dieser Stelle all jene Indizien zusammengetragen, die dafür sprechen, sich dieses Werk unbedingt im Kino anzusehen. Denn so viel sei vorweggenommen: In "Tod auf dem Nil" wird Kenneth Branagh seiner bisherigen Poirot-Interpretation wichtige Nuancen hinzufügen, weshalb dieser Film den Vorgänger "Mord im Orient Express" sogar noch übertrifft.

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1. Indiz: Der unerwartete Beginn

Bevor überhaupt ein Verbrechen geschieht, nimmt uns der Film in die Schützengräben des Ersten Weltkriegs mit, wo wir in Schwarz-Weiß einen wesentlich jüngeren Poirot treffen, der sich bereits im Jahr 1914 auf seinen untrüglichen Scharfsinn verlassen konnte.

Aber auch nach einem Zeitsprung ins Jahr 1937 sind wir noch längst nicht am Nil, sondern erleben in der Londoner High-Society eine Abendgesellschaft, bei der zwei unterschiedliche Frauen mit einem Mann Tanzszenen hinlegen, die vor Erotik nur so knistern. Dadurch wird zugleich die Ausgangsbasis für künftige Konflikte geschaffen.

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2. Indiz: Das Verbrechen

Wenn jemand etwas von Verbrechen versteht, dann natürlich Agatha Christie: Das merkt man am geschickten Aufbau dieses verzwickten Falles. Zunächst scheint es zwar so, als würde der belgische Meisterdetektiv einfach als Privatperson in Urlaubsstimmung eine Fahrt auf dem Nil genießen und seine Zeit im Umgang mit einer Hochzeits-Gesellschaft verbringen.

Doch bald machen sich Misstöne bemerkbar und als sich die latente Bedrohung dann – relativ spät – in einem Mord entlädt, geht es Schlag auf Schlag –  es wird immer dramatischer und bleibt nicht bei dieser einen Leiche.  

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3. Indiz: Gal Gadot einmal anders

Auf jeden Fall ist es höchst erfreulich, Gal Gadot endlich einmal nicht als kampfsporterprobten Action-Star oder Frau mit Wunderkräften zu erleben. Hier spielt sie eine selbstbewusste Frau mit riesigem Vermögen, der alles in den Schoß zu fallen scheint. Dennoch kennt sie auch Angst und Verunsicherung, weshalb sie bei Poirot Schutz sucht.

Wir lernen Gadot von einer Seite kennen, die wir so an ihr noch nie gesehen haben. Und witzigerweise verkleidet sie sich in einer Szene sogar als Kleopatra – dadurch nimmt sie eine Filmrolle vorweg, die sie in absehbarer Zeit tatsächlich spielen wird.

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4. Indiz: Poirots Emotionen

Poirot ist hier nicht nur ein schrullige Superdenker, der von seinen Marotten beherrscht wird, sondern gewinnt endlich auch als Mensch Profil: Wir erfahren Wesentliches über seine Vergangenheit, seine Wünsche, Schwächen und enttäuschte Hoffnungen. Außerdem gibt er sich auch während der Ermittlungen Blößen und muss empfindliche Rückschläge einstecken. Vielleicht hätte er sogar das eine oder andere zusätzliche Blutvergießen verhindern können.  

Branaghs französischer Akzent wirkt inzwischen nicht mehr so aufgesetzt und störend, sondern man nimmt ihn bald als selbstverständlich hin. Der Darsteller ist also noch wesentlich stärker in seine Rolle hineingewachsen und bietet hier einen seiner besten Auftritte.

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5. Indiz: Die Schauplätze

Die ägyptischen Schauplätze, wie sie Agatha Christie als Ehefrau eines Archäologen aus eigener Anschauung gekannt hat, wurden aufwändig nachgebaut, damit sie wieder so originalgetreu wie in den 1930 Jahren aussehen. Wenn Poirot mit seinen berühmt-berüchtigten Frühstücks-Eiern vor den Pyramiden sitzt, ist das gleichermaßen komisch und ergreifend.

Vor allem der imposante Tempel von Abu Simbel wird dann zu einem Blickfang, könnte sich aber zugleich für einige Figuren als Todesfalle erweisen. Die ägyptischen Kolossal-Bauten verlangen jedenfalls unbedingt nach der großen Leinwand.

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6. Indiz: Die Kamera

Für die FreundInnen der Bild-Technik unter uns sei noch kurz auf die verwendete Kamera eingegangen, denn die außergewöhnlichen Bilder verdanken sich einer speziellen Apparatur. Bei den Dreharbeiten kamen 65mm Panavision-Kameras zum Einsatz, die teilweise auch für "Keine Zeit zu sterben" oder "Tenet" verwendet wurden.

Das Ergebnis ist eine ganz besondere Augenfreude. Manchmal taucht die Kamera sogar in den Nil und zeigt eine Unterwasser-Welt, wo sich vielleicht auch Dinge befinden, die zur Mord-Aufklärung beitragen können.

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7. Indiz: Poirots Schnurrbart

Diesmal hat sich Branagh in seiner Poirot-Rolle für eine etwas abgewandelte Barttracht entschieden, die aber noch genauso ungewöhnlich wie in "Mord im Orient-Express" bleibt: Statt dem riesenlangen buschigen Schnauzer weist er nun eine Art Doppel-Schnurrbart auf, um den ihn auch Jim Carrey in seiner Rolle als Dr. Robotnik in "Sonic the Hedgehog" beneiden würde.

Man darf sich durch diesen Bart aber nicht zu sehr von der Handlung ablenken lassen, sonst verpasst man bestimmt das eine oder andere wichtige Detail.

Als besonderen Bonus erfahren wir nun endlich, aus welchem Grund sich Poirot überhaupt für den gepflegten Wildwuchs auf seiner Oberlippe entschieden hat, und in der allerletzten Szene wird uns der Bartträger noch einen richtigen Schock versetzen.

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Verwirrendes Zusatz-Indiz

Ein Indiz kommt uns allerdings ziemlich seltsam vor, denn am Ende von "Mord im Orient Express" wurde Poirot ja an den Nil abberufen, um dort einen Fall zu klären.

Das ergibt im Rückblick nun absolut keinen Sinn, denn von einem Verbrechen ist ja hier noch längst keine Rede. Poirot hält sich zunächst in London auf und konnte gar nicht wissen, dass er sich später nach Ägypten begeben muss. Aber was tut man nicht alles, um einen kommenden Film zu bewerben – da kann schon mal die Logik außen vor bleiben, auch wenn unsere kleinen grauen Zellen dagegen Protest einlegen.

Mit "Mord auf dem Nil" sind die besagten Gehirnzellen aber sehr zufrieden und denken an 4 ½ von 5 abstürzenden Pyramidenbrocken.

"Tod auf dem Nil" ist ab 30. März auf Disney+ verfügbar.