Filmkritiken

"The Nun 2": Exorzismus mit Rotweindusche

Als Grundregel gilt: In Horrorfilmen sind Clowns und Nonnen immer mit Vorsicht zu genießen. Diese unergründlichen Wesen können sich als größte Schreckensbringer herausstellen.

Gerade bei den Kutten-Trägerinnen konnten wir das ja schon durch einen speziellen Film überprüfen: In dem vor fünf Jahren aus der "Conjuring"-Reihe entsprungenen "The Nun"-Streifen ergriff 1952 ein Dämon mit dem klingenden Namen Valak von einer Nonne in einem rumänischen Kloster Besitz und brachte einen herbeigerufenen Pater sowie dessen junge Begleiterin in Lebensgefahr.

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Nonne mit Wirtskörper

Damals konnten sie das Böse offenbar bannen, aber das war ein Irrtum, wie am Ende angedeutet wurde. Nun stellt sich im Sequel eindeutig heraus: Valak ist 1956 noch immer aktiv und manifestiert sich schon wieder als Nonne, nachdem er im Körper des aus Teil 1 bekannten Maurice aka. Frenchie (Jonas Bloquet) inzwischen Unterschlupf gefunden hat.

Das ruft die ebenfalls schon bekannte Schwester Irene (Taissa Farmiga) erneut auf den Plan und in einem französischen Internat kommt es zum zweiten Kräftemessen zwischen Weihwasser und Teufelsspuk. Dass sich dabei eine Rotweindusche als hilfreich erweisen kann, war wirklich überraschend für mich (aber vermutlich trinke ich auch nicht genügend Messwein).

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Schwester Irene hat alles im Auge

Man kennt es ja aus Kriminalromanen: ausgerechnet der Gärtner ist der Mörder. Hier erleben wir aber eine Variation, denn Maurice weiß nichts vom Bösen, das in ihm steckt und ist der friedfertigste Mensch, den man sich vorstellen kann, falls nicht gerade die Nonne das Kommando übernimmt. Da er in einem Haus voller junger Mädchen arbeitet, ist die Spannung besonders hoch, weil bedrohte Kinder automatisch auch die Aufmerksamkeit des Publikums steigern.

Somit kann nur ein neues Wunder helfen, aber Schwester Irene wird das schon schaffen – und man muss ihr nur in die Augen blicken, um das zu wissen. (Psst: das war jetzt ein Spoiler, den aber zum Glück wohl niemand durch"schauen" wird, Santa Lucia sei Dank!)

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Bildstarke Einzelszenen machen Angst

Visuell versteht sich die Nonne perfekt ins Bild zu setzen: Da reichen ein paar Schmutzflecken an der Wand oder – in meiner Lieblingsszene – ein Zeitschriftenstand in einer nächtlichen Altstadtgasse, bei dem sich die Illustrierten von alleine aufblättern, bis sie ein erschreckendes Gesamtbild ergeben.

Tatsächlich ist der Film immer dann am besten, wenn er uns in etlichen kleinen Einzelszenen Angst einjagen möchte: Die altvertraute Ausgangssituation des einsamen Hausbewohners, der durch beunruhigende Geräusche in verschiedenste Räume gelockt wird, kann mit originellen Variationen mehrfach wiederholt werden, ohne dass unsere Anspannung nachlässt.

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Übertriebenes Finale im Nonnen-Kampf

Diese vielen kurzen Sequenzen machen also den besonderen Reiz des Sequels aus, bevor dann im Finale wieder extrem dick aufgetragen wird – aber schon klar: dafür nennt man es ja auch Endkampf, und das Böse ist tatsächlich sehr mächtig. Da muss man schon alle Heiligen anrufen, an die man sich erinnert, und kann vermutlich auch ein paar Flüche nicht unterdrücken, wenn einen die Nonne immer wieder durch die Gegend schleudert oder sogar in Brand steckt.

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Sequel mit vielen Vorzügen

Die Fortsetzung erweist sich als viel abwechslungs- und einfallsreicher als Teil 1, weil nicht alles auf einen einzigen Schauplatz beschränkt bleibt, sondern Schwester Irene zunächst mehrere Stationen durchläuft, bevor sie ihre Nachforschungen ins Internat führen.

Die Dramaturgie ist meist ebenso perfekt, denn gewisse Schreckmomente werden schon auf lange Sicht vorbereitet: so wirkt sich ein Scherz der Internatsschülerinnen mit Ungeziefer erst gegen Ende furchtbar aus, und ein Ziegenbock-Motiv im Glasfenster einer verfallenen Kapelle weckt natürlich gleich teuflische Assoziationen, die später mit großem Effekt nur allzu real werden.  

Und sogar die Vorgeschichte wurde auf geschickte Weise integriert, da die Ereignisse aus Teil 1 zu einem Horrormärchen geworden sind, das sich die Nonnen untereinander erzählen. Bloß Schwester Irene hört dabei mit eher gemischten Gefühlen zu.

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Tipps für Ängstliche und Neugierige

"The Nun 2" ist somit wesentlich unterhaltsamer und womöglich auch gruseliger als der Vorgängerfilm. Wer sich vor dem katholischen Horror jetzt aber zu sehr fürchtet, sollte sich doch lieber an eine Süßspeise namens Nonnenfürzchen halten.

Zuletzt noch zwei kleine Hinweise: Erstens: Wer darauf hofft, hier das Ehepaar Warren aus "Conjuring" zu sehen, muss sich lange gedulden, bis die beiden in einer Mid-Credit-Scene endlich einen kleinen Gastauftritt absolvieren. Erstens: Dämon Valak bitte nicht mit Dämon Vecna verwechseln, weil man sonst in einem ganz anderen Universum und sogar bei Netflix landet.

3 ½ von 5 im Höllenfeuer kross gebratenen Priesterkörpern
 

"The Nun 2" läuft gerade in unseren Kinos. Hier geht's zu den Spielzeiten!