Filmkritiken

"The Meyerowitz Stories": Eine verkorkste Familie gespielt von lauter Stars

Mit seiner ersten Netflix-Produktion aus dem Jahr 2017 (gefolgt 2019 von der grandiosen für sechs Oscars nominierten „Marriage Story“) hat sich Regisseur Noah Baumbach einmal mehr als würdiger Nachfolger - oder zumindest Seelenverwandter - von Woody Allen bewiesen. Wie der altbekannte Stadtneurotiker wählt auch Baumbach mit Vorliebe Hauptfiguren, die aus der New Yorker jüdischen Intellektuellen- bzw. Künstlerszene stammen und ziemlich verkorkst sind. 

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Hoffman mit Rauschebart

Um welche Familie es sich diesmal handelt, verrät ja bereits der Titel. „The Meyerowitz Stories“ sind ein echter Ensemblefilm in der besten Bedeutung dieses Wortes: neben Adam Sandler und Ben Stiller tritt vor allem Dustin Hoffman als alter Eigenbrötler mit weißem Rauschebart in Erscheinung. In vier Kapiteln werden uns die einzelnen Familienmitglieder vorgestellt: Hoffman spielt den Patriarchen Harold, einen vor vielen Jahrzehnten einmal angesagten Bildhauer, der es aber niemals zu wirklichem Ruhm gebracht hat (obwohl einige seiner Schüler dieser Einschätzung widersprechen würden). Er ist ein echter Egoist, auf den seine drei Kinder Danny (Sandler), Matthew (Stiller) und Jean (Elizabeth Marvel) aus unterschiedlichen Gründen nicht gut zu sprechen sind. Matthew, den der Vater immer bevorzugte und aus dem er gerne einen Künstler gemacht hätte, hat sich dieser als einengend empfundenen Beeinflussung durch den Wegzug aus New York entzogen, während der in Geldproblemen steckende arbeitslose Danny immer noch seinen Vater umsorgt, obwohl der nichts von ihm hält und das auch ganz deutlich macht. Ebenfalls schwer neurotisch ist schließlich Schwester Jean (Elizabeth Marvel hat sich übrigens für diese Rolle durch die Figur des Fred Corleone aus „Der Pate I + II“ inspirieren lassen). Während alle drei Geschwister keine echten künstlerischen Neigungen zeigen, hat das kreative Gen wohl eine Generation übersprungen, denn Dannys Teenager-Tochter (Grace Van Patten) erweist sich als produktive, wenn auch recht eigenwillige Filmemacherin, die sich in ihren Werken mit der eigenen Sexualität auseinandersetzt.

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Stiller und Sandler in Bestform

Baumbach bringt einiges an Wortwitz und Situationskomik unter, wechselt aber auch immer wieder zu ernsteren Tönen, weil diese Familie Schicksalsschläge in Form von ausgedehnten Krankenhausaufenthalten bewältigen muss. Das Zusammenspiel von Stiller und Sandler funktioniert einfach prächtig und fördert in beiden Darstellern nur das Beste zutage. Anlässlich einer Vernissage mit Werken ihres Vaters kommen die Zwei beispielsweise zunächst in ein hitziges Streitgespräch und fangen auf dem Rasen vor der Galerie eine Keilerei an, um gleich danach sehr emotionale Eröffnungsreden zu halten. Übrigens ist auch Emma Thompson als dauerbetrunkener Alt-Hippie sehenswert; und es ergibt obendrein einen nostalgischen Anblick, wenn der mittlerweile doch etwas übergewichtig gewordene einstige „Marathon-Mann“ Hoffman als 80-Jähriger mehrmals durch die Straßen von New York läuft.

Abgesehen von Allens Einflüssen, lässt gerade dieser Film auch an ein Werk wie „The Royal Tenenbaums“ von Wes Anderson denken. Als zusätzlichen Bonus hat Baumbach für die Filmmusik Randy Newman verpflichtet. Daher ist die vertrackte Familiengeschichte nicht nur schauspielerisch und optisch, sondern auch akustisch top und erhielt nach der Vorführung in Cannes vierminütige Standing Ovations.

5 von 5 schwergewichtigen kleinen Metallskulpturen