Filmkritiken

"The Crow": Der Krähenmann als schwarzer Clown

Wenn sich Clown Pennywise in einen rachsüchtigen Krähenmann verwandelt, haben sadistische Verbrecher nichts zu lachen. Als diese Figur erstmals aus dem Jenseits zurückkehrte, kam Hauptdarsteller Brandon Lee - Sohn von Bruce Lee - bei den Dreharbeiten auf tragische Weise ums Leben, weil eine Waffe scharf geladen war. Diesmal wurden bei "The Crow" die Sicherheitsvorkehrungen zum Glück eingehalten, denn Bill Skarsgård erfreut sich noch bester Gesundheit.

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"The Crow" komplett anders

Das frühere Werk glich einem in dunkles Rot getauchten Fiebertraum. Der neue Regisseur Rupert Sanders ("Snow White and the Huntsman", "Ghost in the Shell") behält diese Optik nicht bei und auch ansonsten nabelt er sich vom Vorgängerfilm fast vollkommen ab. Als Vorlage dient zwar offiziell erneut die berühmte Graphic Novel von James O’Barr, doch abgesehen von der Ausgangsidee ist nicht mehr viel übriggeblieben von der ursprünglichen Story. Die Hintergrundgeschichte der beiden tragischen Hauptfiguren Eric und Shelly (FKA twigs) wurde komplett geändert und es dauert etwas länger, bis die Erzählung überhaupt dort anlangt, wo das Original einsetzt. 

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Lange Vorgeschichte des tragischen Liebespaares

Während der Film  von 1994 sofort rasant in die Handlung einstieg, erleben wir hier mit, unter welchen Umständen sich das Paar kennenlernt und es wird nachvollziehbar, weshalb Eric später bereit ist, für seine Liebe die größten Opfer zu bringen. Deshalb sind die ersten 40 Filmminuten keineswegs verlorene Zeit und wir warten nicht etwa nur darauf, dass die beiden endlich ermordet werden, damit die Krähe auftauchen kann (als es dann aber so weit ist, erscheinen gleich ganze Krähenschwärme im düsteren Zwischenreich, das an ein verkommenes Industriegebiet erinnert).  

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Danny Huston als neuer Faust

Von Anfang an wird ein Gefühl der Bedrohung erzeugt, und wir lernen auch bald den Gegenspieler kennen. Das ist hier kein Gangsterboss, für den eine Gruppe von gewaltbereiten Punks arbeitet, sondern ein kultivierter älterer Herr, der laut eigener Aussage in Wien geboren wurde und klassische Musik schätzt. Wie alt er tatsächlich ist, können wir nur ahnen, aber es dürften ein paar hundert Jahre sein, da er einen Pakt mit dem Teufel geschlossen hat, den er regelmäßig mit frischen Seelen versorgt. Danny Huston stellt diesen neuen Faust mit Sinn für Theatralik dar und kann, selbst ohne viel zu tun, richtig unheimlich wirken.

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Übertriebene Kampfaction im Wick-Style

Der Blutgehalt ist erwartungsgemäß hoch und Erics Rachetaten nehmen immer brutalere Züge an. Zum Höhepunkt metzelt er sich durch das prunkvolle Stiegenhaus einer Oper (gedreht wurde in Prag), wobei diese Szene aber weit übers Ziel hinausschießt, denn der Krähenmann wird hier vollends zu einem schwertschwingenden John Wick und räumt unter einer Armee von Bodyguards auf. 

Will man uns wirklich weißmachen, dass all die abgegebenen Schüsse von niemandem gehört werden und unter den Operngästen keine Panik ausbricht? (Und weshalb sind die Schwerbewaffneten überhaupt anwesend, wo sich ihr Chef doch gar nicht im Haus befindet?) Immerhin lässt der Regisseur diese Sequenz dann mit einem ironischen Augenzwinkern ausklingen und bietet Eric einen regelrechten Bühnenauftritt.

Symbolhaltige Bildgewalt

Fans der Graphic Novel werden sich mit den vielen Änderungen vielleicht nicht so gut abfinden können, aber die neue "Crow"-Version hat ihre Stärken und darf nicht als überflüssiger Reboot abgetan werden. Sanders liefert nämlich eine faszinierende und bildgewaltige Neuinterpretation des Stoffes und bedient sich dabei zahlreicher Symbole und Leitmotive - wie zum Beispiel ein verwundetes Pferd, Stacheldraht und Wasser. Außerdem kann er sich voll auf seinen Hauptdarsteller verlassen, der erneut zur Schminke greift, aber diesmal höchstens als dunkler Clown mit heller Seele auftritt (während Pennywise das genaue Gegenteil war).

3 ½ von 5 sofort verheilenden Todeswunden.

"The Crow" läuft derzeit in unseren Kinos. Hier geht's zu den Spielzeiten!