Filmkritiken

"The Continental": Lohnt sich die Miniserie aus der "John Wick"-Welt?

In unserer Rubrik "Lohnt sich das?" stellen wir euch einmal wöchentlich einen Streamingtitel (Film oder Serie), der in aller Munde ist, vor, nehmen ihn genauer unter die Lupe und fragen für euch die altbekannte Frage: "Lohnt sich das überhaupt?" Lohnt es sich, dafür Zeit zu investieren? Ein Abo abzuschließen? Oder ein Abo zu beenden?

Diesmal: (Alle drei Folgen von) "The Continental" auf Amazon Prime Video. 

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Um dort einchecken zu dürfen, sollte man bereits einige Menschenleben auf dem Gewissen haben. Während des Aufenthalts ist es aber strengstens verboten, andere Gäste ums Leben zu bringen, denn auch Auftragskiller:innen haben ihren Ehrenkodex, der vor allem unter diesem Hoteldach gilt.

Die Rede ist selbstverständlich von der "Continental"-Kette, die uns allen aus der "John Wick"-Filmreihe bestens vertraut ist und über weltweite Stützpunkte verfügt. Einer davon liegt in New York und wir kennen ihn ebenfalls aus den genannten Filmen – allerdings zu einem viel späteren Zeitpunkt.

Diese dreiteilige Spin-Off-Serie zu "John Wick" versetzt uns nämlich um einige Jahrzehnte in die Vergangenheit und wir finden uns in den 70er-Jahren wieder (aber ein paar Rückblenden in Schwarz-Weiß reichen sogar bis 1955).

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Ein böser Mel Gibson und bekannte Figuren in jüngerer Version

Man muss sich zunächst einmal an die unvertrauten Gesichter gewöhnen: Als Hotelchef tritt uns nun nämlich ein vollbärtiger Mel Gibson unter dem Namen Cormac entgegen, der als rücksichtsloser Gangsterboss das Hotel managt. An seiner Seite ist bereits ein junger Charon (Ayomide Adegun) tätig, den "Wick"-Fans sofort mit dem heuer viel zu früh verstorbenen Lance Reddick in Verbindung bringen.

Im Mittelpunkt dieser Produktion steht aber eigentlich die Vorgeschichte des späteren Hotel-Besitzers Winston Scott, der in den Filmen durch Ian McShane verkörpert wird. Hier erleben wir stattdessen Colin Woodell als sein jüngeres Ich.

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Auch Hänsel und Gretel killen hier

Nachdem somit die drei wichtigsten Charaktere eingeführt wurden, können die gewaltvollen Kampfspiele um Macht und Einfluss beginnen. Cormac lässt Winston unsanft aus London zu sich ins New Yorker Büro holen, weil dessen windiger Bruder Frankie (Ben Robson) etwas Wertvolles aus dem Besitz des Gangsters geklaut hat, das dieser aber dringend zurückhaben möchte. Cormac setzt Winston unter Druck, um das Gestohlene wiederzubeschaffen, doch der bleibt cool und lässt sich nicht einschüchtern – aber es ist schon zu spät, denn er steckt bereits mitten in der Affäre, die viele Menschenleben kosten wird.

Als neue Figuren kommen zum Beispiel bald noch Mishel Prada und Jeremy Bobb als Ermittler:innen KD und Mayhew hinzu – nicht zu vergessen Mark Musashi und Marina Mazepa als hochgradig psychopathische Auftragskiller:innen Hänsel und Gretel (oder Hansel und Gretal, wie es im Original so schön heißt).

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Ungewöhnliches Serienformat

Man wird gleich von vorherein feststellen, dass es sich um ein ungewöhnliches Serienformat handelt: Jeweils in Spielfilmlänge von fast immer 90 Minuten versetzen uns die drei Folgen der Miniserie in drei verschiedene Nächte – und die Titel lauten dementsprechend durchnummeriert "Nacht Eins" bis "Drei". Eigentlich könnte man genauso gut von einem 4 ½ stündigen Actionfilm in drei Kapiteln sprechen. Die Regie haben sich der Amerikaner Albert Hughes ("From Hell", "The Book of Eli") und die Schwedin Charlotte Brändström ("The Witcher", "Der Herr der Ringe: die Ringe der Macht") aufgeteilt.

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Ersatz für John Wick?

Natürlich erwarten uns einige ausgefeilte und fast schnittlos durchchoreografierte Kampfszenen, von denen wir gleich innerhalb der ersten zehn Minuten eine halsbrecherische Flucht durch ein Treppenhaus geboten bekommen – und der kampfstarke Typ Frankie präsentiert sich schon rein optisch als zweiter John Wick. Das ist auch eines der Probleme, die "The Continental" auslöst: Man fragt sich immer wieder, wieso man überhaupt einen Ersatz-Wick braucht, der sich ebenso wie der originale verhält?  

Winston ist zumindest kein Kämpfer, sondern verlässt sich eher auf seine überzeugenden Worte und am Ende des ersten Teils darf er dann ein berühmtes Wick-Zitat anbringen. Doch die Forderung nach jeder Menge Waffen nimmt man ihm einfach nicht ab, sondern sein Satz wirkt leider höchstens wie eine Parodie.

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Lohnt sich "The Continental"?

Das bringt noch einmal das ganze missglückte Spin-Off-Unternehmen auf den Punkt: Hier wurden einfach Motive und Versatzstücke aus dem echten Wick herausgelöst und neu zusammengesetzt, ohne ein überzeugendes Ergebnis zu liefern. Und auch die Wick-untypische Entwicklung, dass mehrere Expert:innen wie ein brutaleres  "Ocean's"-Team zusammenarbeiten, um ein gemeinsames Ziel zu erreichen, wird die Serie nicht retten.

Die typische zugespitzte Hotelfassade kann gar nicht oft genug von der Kamera eingefangen werden, doch das ändert nichts daran, dass einen die Story überraschend kalt lässt – und sobald man mit den Figuren nicht mitfühlt oder mitfiebert, ist eindeutig etwas schiefgelaufen. Sogar der Star Mel Gibson bleibt seltsam blass in seiner Rolle, die sich zwischen den Alternativen psychopathischer Bösewicht und gottgläubiger Herbergsvater nicht entscheiden kann (und wenn er dann mal einen auf Dennis Hopper aus "Blue Velvet" macht, wirkt das ebenfalls unangebracht).

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Schusswechsel oder sonstigen Auseinandersetzungen hinterlassen hingegen den Eindruck von Second-Hand-Action, die man ohnehin schon anderswo gesehen hat. Zumindest an einer Sache gibt es jedenfalls nichts auszusetzen, denn das Intro im 70er-Style ist einfach genial (und ein bisschen mehr Sex als die Filme hat die Serie auch zu bieten).

2 1/2 von 5 Punkten

Für Fans der "John Wick"-Reihe

Wo ist "The Continental" zu streamen?

Die erste "The Continental"-Episode startet am 22. September bei Amazon Prime Video. Die beiden folgenden werden dann jeweils im Wochentakt veröffentlicht.