Filmkritiken

"The Ballad of Songbirds and Snakes": Die Geburt eines Schurken

Exakt acht Jahre ist es mittlerweile her, dass Oscarpreisträgerin Jennifer Lawrence (33) als unerschrockene Heldin Katniss Everdeen zuletzt in einem "Tribute von Panem"-Film die Massen begeisterte. Die bisherigen vier Einträge in die "Hunger Games"-Filmreihe spielten an den weltweiten Kinokassen die unfassbar anmutende Summe von knapp drei Milliarden US-Dollar ein. 

Doch im neuen Teil "The Ballad of Songbirds and Snakes", der eine Vorgeschichte zu Katniss' Abenteuern erzählt, ist vieles anders als bisher gesehen.

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Die Hungerspiele sind noch kein Spektakel

"The Ballad of Songbirds and Snakes" spielt rund 60 Jahre vor den bekannten Ereignissen. Eine junge Frau aus dem 12. Distrikt wird - wie später Katniss Everdeen - ausgewählt, um an den 10. Hungerspielen teilzunehmen. Lucy Gray Baird, die von "West Side Story"-Star Rachel Zegler (22) verkörpert wird, unterscheidet sich stark von der formidablen Überlebenskünstlerin Katniss: Sie ist eine Sängerin, keine Kämpferin, und entstammt einem umherfahrenden Volk von Gauklern und Künstlern.

Als sie bei der sogenannten Ernte-Zeremonie als Teilnehmerin für die tödlichen Gladiatorenspiele zwangsverpflichtet wird, singt die rebellische Lucy den Fernsehzuschauerinnen und Zuschauern ein Lied, und ihre für das Medienspektakel Hungerspiele so wichtigen Popularitätswerte steigen.

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Die Spiele an sich sind im 5. "Panem"-Film jedoch noch nicht die spätere, atemberaubende Show in einer technisch hochgerüsteten Arena, in der die Spielerinnen und Spieler durch zahlreiche Vorrichtungen aufeinandergehetzt werden. Vielmehr finden die Hungerspiele in "The Ballad of Songbirds and Snakes" in einem schlichten Stadion statt, und sollen als reine Bestrafung der Distrikte dienen. Im Laufe des Films werden zwei Figuren die Dynamik der Wettkämpfe jedoch für immer verändern.

Neben der Performerin Lucy Gray Baird ist das der spätere Präsident von Panem Coriolanus Snow. In den Filmen mit Jennifer Lawrence hauchte Altstar Donald Sutherland (88) dem diabolischen Charakter noch auf unvergessene Weise Leben ein. In "The Ballad of Songbirds and Snakes" übernimmt jetzt der relative Schauspiel-Newcomer Tom Blyth (28) die Rolle. Sein jüngerer Snow, der noch am Anfang seines Erwachsenenlebens steht, wird von Freunden und Verwandten liebevoll "Corio" genannt, und hat es nicht leicht im Leben, obwohl er aus privilegierten Verhältnissen stammt. Denn seine Familie ist in Panem in Ungnade gefallen, noch dazu pleite, und hat nicht einmal genug zu essen, obwohl sie zur absoluten Elite des Kapitols zählt.

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Die Hungerspiele sollen für Snow die Wende bringen. Als ihm aber Lucy Gray Baird als Schützling zugeteilt wird, ist "Corio" zunächst entsetzt, da er sie für eine der schwächsten Teilnehmerinnen am Arenakampf hält.

Aus purer Verzweiflung und einer gehörigen Portion Eigennutz beschließt er dennoch, der jungen Frau bei den anstehenden Hungerspielen zum Sieg zu verhelfen - und beide erkennen, dass eine fesselnde Show für das Fernsehpublikum mindestens ebenso bedeutsam ist, wie die Kampffähigkeiten einer Tributin. Später entwickelt sich dann zwischen den zwei so unterschiedlichen Charakteren auch eine zarte Liebesgeschichte.

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Eine überflüssige Vorgeschichte?

Beim neuen "Tribute von Panem"-Film "The Ballad of Songbirds and Snakes" wurden erkennbar weder Kosten noch Mühen gescheut. Erneut dient ein Roman der umjubelten Autorin Suzanne Collins (61) als Vorlage. Das Budget von kolportieren 100 Millionen US-Dollar floss unter anderem in den superben Cast rund um die bereits erwähnten Hauptdarsteller, "Game of Thrones"-Star Peter Dinklage (54), Oscarpreisträgerin Viola Davis (58) und die aus der Seriensensation "Euphoria" bekannte Hunter Schafer (24).

Entstanden ist das Werk zu großen Teilen in der Bundeshauptstadt Berlin, wobei unter anderem das in der Nazi-Zeit erbaute Olympiastadion und der zu Beginn der DDR entstandene Strausberger Platz im Herzen des ehemaligen Ostberlins als stimmige Kulisse für das dystopische, faschistoide Kapitol Panems dienen.

Zudem ist für "The Ballad of Songbirds and Snakes" nicht nur Regisseur Francis Lawrence (52) zurückgekehrt, der zuvor bereits drei der vier übrigen "Panem"-Filme inszeniert hatte, sondern auch die kreativen Köpfe aus den Bereichen Kostümdesign, Kamera und Musik. Der Look des neuen "Panem"-Films überzeugt daher wenig überraschend rundherum, und auch Hauptdarstellerin Zegler weiß als eher den schönen Künsten zugeneigte, dafür aber weniger kriegerische Katniss-Nachfolgerin durchaus zu begeistern.

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Die Hauptfigur im neuen "Panem"-Film ist jedoch der später überaus böse Diktator Coriolanus Snow. Erzählt wird hier gewissermaßen seine Origin-Geschichte, wobei sich "Corio" im Verlauf der Handlung von einer ambivalenten Figur zum Schurken entwickelt. Solch eine innerlich zerrissene Hauptfigur bietet grundsätzlich immer reichlich Stoff für eine spannende Geschichte, doch weil das Ende der Handlung durch die zuvor erschienenen, doch chronologisch später spielenden Filme schon festgelegt ist, kommt das Filmfinale dann doch ein wenig spannungsarm daher.

Und auch die zu rudimentären, aufs absolut Wesentliche reduzierten Hungerspiele als solche fesseln im neuen "Panem"-Film deutlich weniger als noch in den Vorgängerwerken "Die Tribute von Panem - The Hunger Games" (2012) oder "Catching Fire" (2013). "The Ballad of Songbirds and Snakes" ist somit eher eingefleischten Fans der Buch­- und Filmreihe zu empfehlen. Ob auch ein ganz neues Publikum in die Kinosäle gelockt werden kann, erscheint fraglich.