Filmkritiken

"The Adam Project": Lohnt sich der Netflix-Film mit Ryan Reynolds?

Wenn die eigene Zukunft so aussieht wie Ryan Reynolds, dann ist so einiges richtig gelaufen, möchte man meinen. Umso überraschter ist der 12-jährige Adam, als er erkennen muss, dass er als Erwachsener zwar zu einem feschen Kampl geworden ist, aber dafür so manche falsche Abzweigungen auf der Autobahn des Lebens genommen hat – und genau genommen in der Gegenwart gelandet ist, wo er eigentlich gar nicht hingehört.

Klingt kompliziert, ist es eigentlich auch, aber Regisseur Shawn Levy schafft es, die normalerweise für Zeitreisen-Geschichten so typische Komplexität aufs Einfachste und Simpelste herunter zu brechen, ohne dabei jemals ins Banale oder Monotone abzudriften. "The Adam Project" fühlt sich vielmehr wie ein Genre-übergreifendes Heimkommen an, bei dem Unbekanntes im Vertrauten entdeckt wird.

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Heimkommen auf mehreren Ebenen

Das mag an der eingespielten Zusammenarbeit mit Hauptdarsteller Ryan Reynolds liegen, mit dem Levy bereits bei der grandios-aberwitzigen Meta-Game-Satire "Free Guy" zusammenarbeitete.

Es mag an Reynolds Rückkehr zu Netflix liegen, denn nach "6 Underground" und "Red Notice" ist "The Adam Project" bereits die dritte Zusammenarbeit zwischen dem Streaming- und dem Schauspieler-Riesen.

Und es mag erheblich daran liegen, dass Levy, Autor Jonathan Tropper und Reynolds (der am Drehbuch mitwerkelte), sich in erster Linie an 80er-Klassiker wie "E.T.", "Die Goonies", "Star Wars", "Robocop" oder natürlich – es geht in diesem Genre halt doch nicht ohne – "Zurück in die Zukunft" orientiert haben. Und das merkt man von der ersten bis zur letzten Sekunde.

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Darum geht’s in "The Adam Project"

Ums Heimkommen geht’s im Grunde auch im Film. Adam (Reynolds) landet aus dem Jahr 2050 im Jahr 2022 und trifft dort auf sein jüngeres, an der Grenze zur Verhaltensauffälligkeit stehendes Ich (Walker Scobell, der sich redlich bemüht, eine Mini-Version von Reynolds zu sein, was leider irgendwann etwas nervt).

Dieser doppelte Ich-Entwurf steckt voll humoristischer, aber doch berührender Dualität, denn als Anfang 40-Jähriger hat man schon einiges erlebt, sieht die Welt mit anderen Augen, weiß, worauf es im Leben wirklich ankommt – hat sich aber auch für gezielt selektive Erinnerungen entschieden.

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Klein-Adam (der nicht fassen kann, wie groß und muskulös er in der Zukunft aussieht) ist jedenfalls begeistert vom unerwarteten Besuch und der Wissenserkenntnis, dass Zeitreisen in wenigen Jahrzehnten möglich sein werden. Doch die Lage ist ernst: Groß-Adam muss die Zukunft und seine Ehefrau Laura (Zoe Saldana) retten ­– und dafür die Erfindung von Zeitreisen verhindern.

Damit das gelingt, muss er – Spielberg lässt grüßen! – mit seiner Vergangenheit, sich selbst und vor allem seinem Vater (Mark Ruffalo) ins Reine kommen. Doch der ist 2022 bereits tot, eineinhalb Jahre zuvor tödlich verunglückt. Weil Papa aber der Erfinder der Zeitreisen ist, steht erneut ein emotionaler Trip durch Zeit und Raum an ...

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Mix aus Sci-Fi, Familienfilm und Renyolds-Comedy

"The Adam Project" ist kein typischer Zeitreise-Film. Auch wenn die Raumschiffe aussehen wie aus einem (kostengünstigen) Superman- oder Justice League-Film, mit kindlicher Freude zahlreiche "Star Wars"-Referenzen eingebaut und sich durchaus Gedanken über die Komplexität von Zeitreisen gemacht wurde: In "The Adam Project" ist am Ende die menschliche Nähe jenes Element, das die größten Revolutionen auslöst.

Herausgekommen ist somit zwar ein gekonnter und leicht verdaulicher Mix aus Sci-Fi, Comedy (der typisch sarkastische Renyolds-Humor fehlt auch hier nicht!) und Familienfilm, Levy hat aber eindeutig den Fokus auf Letzteres gelegt: "The Adam Project" ist Familentherapie á la Netflix. Und ein höchst emotionales Werk darüber, dass Liebe unendlich ist und jede Art von Zeit übersteht. Dass Familie der wichtigste Lebens-Anker ist, der das Jetzt, das Gestern und das Morgen verbindet – auch wenn sie mitunter ganz schön nervt.

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Das innere Kind in uns

Um konsequent im "Nur-die-Familie-zählt"-Fahrwasser zu bleiben, steht nicht die Liebesgeschichte zwischen Reynolds und Saldana, sondern die Beziehungen zwischen Vater und Sohn (eher: Söhne), zwischen Sohn und Mutter (sympathisch-öde wie immer: Jennifer Garner) im Fokus. Das passt auch zu den genannten Filmklassikern, die Gefühle vor überbordende Bildgewalt stellen und denen Levy somit einmal mehr liebevoll (und nerdig) Tribut zollt.

Wenn die Adams auf ihren zu früh von ihnen gegangen Vater treffen und Klein-Adam erkennt, dass Mama mehr ist als einfach nur mühsam, dann trifft das mitten ins Herz. Und spricht gezielt das innere Kind in uns an. Saldana-Fans werden somit notgedrungen etwas enttäuscht sein: Die Screentime der Action-Amazone ist beschränkt. Aber dafür umso wuchtiger. Also ist man dann doch wieder versöhnt, irgendwie.

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Zeitreisen als moderner MacGuffin

Trotzdem machen bereits die ersten zwei Minuten des Films, die an "Top Gun" erinnern, klar: Ganz ohne Action kann und will die Handlung nicht auskommen. Im Gegenteil. Gut so, denn dadurch wird die geschwungene Moralkelle möglichst klein gehalten und in eine glitzernde Aura von authentischer Unschuld und viel Nerd-Liebe gepackt. Frisch, aber dann doch auch angenehm vertraut. Der Reynold'sche Humor tut hier natürlich sein übriges. 

Genre-LiebhaberInnen dürfen sich aber nicht zu viel erwarten: Die pointiert eingesetzten Actionszenen machen zwar durchaus Spaß und auch die Special Effects sind halbwegs solide (und weisen einen sympathisch-nostalgischen Charme auf). Schlussendlich aber sind sie nicht mehr als bunte Einsprengsel im Film, die verhindern, dass die Familienzusammenführung nicht allzu kitschig und langatmig ausfällt. Und dass Sci-Fi-Fans nicht allzu gequält aufstöhnen. 

Am lautesten ist "The Adam Project" eindeutig in seinen stillen Momenten. Zeitreisen sind hier nur Mittel zum Zweck, der MacGuffin der Netflix-Generation. Vielleicht bleibt auch deshalb die Schurkin (Catherine Keener) nicht im Gedächtnis und wirkt etwas erzwungen. Die Story würde auch ohne sie hervorragend funktionieren.

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Futuristischer Ich-Entwurf mit Lichtschwertern

Am Ende ist "The Adam Project" im innersten Kern vor allem eine Coming-of-Age-Story der etwas anderen Art, ein Aufbruchmanifest für dauerhaften Wandel und ein futuristischer Ich-Entwurf, der mithilfe von Lichtschwertern das Gemälde des eigenen Lebens zeichnet und dabei deutlich macht: Selbstreflexion ist ein lebenslanges Abenteuer, das die Welt zum spannenden Freizeitparadies macht.

Fazit: Das neue Ryan-Reynolds-Abenteuer präsentiert sich, im starke Kontrast zum erzwungen-coolen "Red Notice", als herzerwärmend-nostalgische Ode an das Leben, die Kindheit und nicht zuletzt das Nerdtum, an der die ganze Family ihre Freude hat – und das, Netflix-passend, auch noch in einigen Jahren. Die besten Geschichten sind eben zeitlos.

4 von 5 aus der Zeit gefallene Sterne.

 

"The Adam Project" ist auf Netflix zu sehen. Hier geht’s direkt zum Film!