Taylor Swift im Kino: Und der ganze Saal singt "Shake it off"
Von Amina Beganovic
"Sie haben mich gefragt, was ich tun werde ... ich hatte fünf Alben in petto, mit denen ich noch nie auf Tournee war. Ob ich eine Tour mit einer 'mehrstündigen Riesenshow mit allen Alben' machen würde, haben sie gescherzt." Taylor Swift blickt mit verschmitztem Lächeln von ihrem Klavier auf, die Kamera hat sie im Zoom. "Und ich sagte: Ja, und sie wird 'The Eras'-Tour heißen. Wir sehen uns dort."
Es sind genau solche frech-kokettierenden, natürlich perfekt inszenierten Momente, die der US-Megastar aus dem Effeff beherrscht – und die es für Fans nun auch auf der großen Leinwand zu sehen gibt. Am Freitag startete der Konzertfilm zu ihrer aktuell laufenden "The Eras Tour" weltweit in den Kinos, auch bei uns in Österreich. Es ist die insgesamt sechste Tour des Popstars – und ja, Material gibt es genug: Swift spielt dabei aktuelle und alte Hits ihrer 17-jährigen Karriere, jedem Album ist dabei eine eigene von insgesamt zehn "Eras" gewidmet. Die Show, mit der sie zuletzt auf US-Tour war, bevor es 2024 in Europa weitergeht, dauert über drei Stunden und hat eine Setlist von über 40 Songs.
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Singen und tanzen im Kinosaal
Der Film zeigt das finale Konzert ihrer US-Tour aus dem zum Bersten vollen SoFi-Stadium in Los Angeles, verteilt über drei Abende. Taylor Swift schreitet in einem glitzernden Body über die lange Bühnenzunge, flankiert von ihrer fantastischen Tänzer:innencrew. Gestartet wird mit der "Lover"-Era, die über 70.000 jubelnden Fans im Stadion können jedes Wort von "Cruel Summer" natürlich perfekt mitsingen. Die Kamera fängt immer wieder Personen aus dem Publikum ein: Frauen, Männer, Kinder, Gruppen, die sich in den Armen liegen, manchen laufen die Tränen übers Gesicht.
Es ist eine kunterbunte, glitzernde Euphorie, man fühlt auch vom Kinosessel aus die leidenschaftliche Liebe, die die US-"Swifties" ihrem Idol entgegenbringen. So ein Mega-Konzert natürlich mal in den USA zu erleben, ist wohl der Traum eines jeden eingefleischten Taylor Swift-Fans. Da die Termine alle binnen weniger Minuten ausverkauft waren (das war in Österreich übrigens nicht anders!), kann man diese Stimmung nun zumindest vom Kinosaal aus erleben.
In den amerikanischen Kinos herrschte im Vorfeld leichte Nervosität: In ihrer Instagram-Ankündigung forderte Taylor Swift ihre Fans dazu auf, den Film entsprechend zu genießen, "singing and dancing encouraged". Der Eras-Film gilt schon jetzt als erfolgreichster Konzertfilm aller Zeiten, vor dem Start wurden bereits über 100 Millionen Dollar eingenommen, ließ die US-Kinokette AMC wissen. Tendenz steigend: In den US-Kinos rechnet man am ersten Wochenende mit Einnahmen von weiteren 100 Millionen Dollar. Verständlich also, dass die Kinohäuser in den USA sich vor den Armeen an ausgelassenen Swifties vielleicht ein wenig fürchteten.
Im Wiener Haydn-Kino ist die Stimmung am Freitag nicht ganz so ausgelassen, aber durchaus freudig: Nicht jeden Tag sieht man im Kinosaal Leute in glitzernden Pailletten-Tops oder mit schimmernden Fransen-Kleidern. Es ist nicht ganz so wie der Pink-Hype zum Filmstart von "Barbie", die österreichischen Fans gehen die Sache doch etwas gediegener an. Anfangs muss man das Spektakel auch einfach auf sich wirken lassen: Geschickt und fließend wird von einer Era in die nächste gewechselt, laufend sind die Kameras in Bewegung, fangen die Stimmung der Menge und das fröhlich-choreographierte Zusammenspiel von Swift und ihrer Crew ein. Man weiß oft gar nicht, wohin man zuerst schauen soll. Man bekommt fast das Gefühl, selbst auf dem Konzert zu sein – nur vom bequemen Kinosessel aus.
Regisseur Sam Wrench setzt Fokus auf Emotionen
Nach anfänglicher Schüchternheit wird auch im Wiener Haydn bald mitgefeiert und geklatscht. Zwar steht hier niemand auf, um zu tanzen, aber spätestens in der "Reputation"- bzw. "1989"-Era singt der ganze Saal bei den bekannten Bangern laut mit. Hier ist sie, die Stimmung, die man sich von einer großen Stadion-Show eben erwartet. Und es hat schon etwas für sich, so nahe dran zu sein, um die Gesichter aller Personen auf der Bühne, ihr humorvolles Zusammenspiel und die lebhafte Mimik Swifts genau sehen zu können.
Es sind aber vor allem die ruhigeren Momente, mit denen der Film fesselt: So wie die Alben vom Taylor Swift verschiedenste Genres durchwandern, variieren auch die Stimmungen der einzelnen Szenen. Sitzt der Superstar im ruhigen Akustik-Set alleine bei "Champagne Problems" am Klavier oder singt sich bei der Extended-Version von "All Too Well" buchstäblich die Seele aus dem Leib, werden auch im Kinosaal Tränen aus den Augen gewischt. Regie führte der 32-jährige Sam Wrench, der bereits für Stars wie Billie Eilish oder Lizzo Konzertfilme inszenieren durfte. Man merkt, dass Wrench einen bewussten Schwerpunkt auf diese emotionalen Momente setzt, ohne das Publikum damit aber zu überwältigen. Denn schon dürfen die Tränen wieder trocknen, wenn die Kino-Party mit "Shake It Off", einem High-School-Backflash bei "I Knew You Were Trouble" oder einem reizüberfluteten "Lavender Haze" weitergeht.
Groß, größer, Taylor Swift
Natürlich richtet sich der Film in erster Linie an Fans, das ist nicht von der Hand zu weisen. Aber auch all jene, die einfach ein generelles Interesse an Pop haben und einmal (buchstäblich) aus erster Reihe sehen wollen, wie so ein großes Konzertspektakel (bzw. das wohl größte aller Zeiten) in perfekter Inszenierung über die Bühne geht, werden an den 169 Minuten von "Taylor Swift: The Eras Tour" wohl ihre Freude haben.