Filmkritiken

"Dein Verlust": Wie gut ist der neue Austro-Tatort?

Ein fester Kater ist kein guter Begleiter an einem unvorhersehbar intensiven Arbeitstag - zu dieser profunden Einsicht lässt Regisseurin Katharina Mückstein in ihrem "Tatort"-Debüt Langzeit-Ermittler Harald Krassnitzer alias Moriz Eisner gelangen. In "Dein Verlust" (Sonntag, 20.15, ORF 2) heißt es für den Protagonisten sogar ab in die Zelle und für das auch Adele Neuhauser als Bibi Fellner umfassende österreichische Krimireihen-Duo tief Eintauchen in die eigene Psyche.

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Harald Krassnitzers 57. Auftritt überrascht 

Einer quasi ungeschriebenen alten Regel im "Tatort"-Multiversum zufolge wird es vor allem dann griffig und spannend, wenn die Ermittler und ihr privates Umfeld in das verbrecherische- und ermittlungstechnische Geschehen eingewoben sind. 

In diesem Zusammenhang blieb auch dem Austro-Duo in den vielen gemeinsamen Fällen - es ist Krassnitzers 57. und Neuhausers 33. Auftritt - bisher kaum etwas erspart. Wohlan, die eine oder andere neue Zutat lässt sich dem bekannten Rezept immer wieder hinzufügen, wie auch "Dein Verlust" letztlich auf recht spannende Art und Weise vorexerziert.

Regisseurin von "Feminism WTF"

Mückstein zog in den vergangenen Jahren mit Hinweisen auf Übergriffe und (Macht-)Missbrauch in der heimischen Filmszene, sowie u.a. mit dem Film "Feminism WTF" viel Aufsehen auf sich. Auch in einer aktuellen NDR-Doku, in der Frauen das Verhalten der Regisseure Julian Pölsler und Paulus Manker scharf kritisieren, ist sie zu sehen. 

In ihrem "Tatort"-Erstling zeigt die Regisseurin nun erneut ihr handwerkliches Können: So versteht sie es eindrücklich, den Scherbenhaufen, der sich in Folge von Eisners feucht-fröhlicher Feier zum 60. Geburtstag ausbreitet, nachfühlbar in Szene zu setzen. Denn unmittelbar nach dem Fest mit 90er-Partykrachern und "totalem Filmriss" rufen dringende Ermittlungen inklusive höchst seltsamer, actionreicher Verhaftung und frischem Streifschuss.

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Komplexes Netz aus Geheimnissen

Einmal von seiner Tochter, Claudia (Tanja Raunig), und ihrem neuen Freund, Lukas (Julius Feldmeier), vom Wohnzimmerboden aufgelesen, geht's also dahin für den gezeichneten Jubilar: Denn rund um den gewaltsamen Tod des Besitzers des In-Nachtklubs "Miramar" wird es bald sehr unübersichtlich für das Kriminalisten-Gespann. So hält der nächtliche Totalausfall einige Überraschungen für Eisner bereit

Dieser hatte offenbar selbst noch kurz vor dem Tod mit dem ermordeten "wilden Typ", "Lebemann" und Ex-Anwalt zu tun. Über dem Geschehen kreist ein mysteriöser "Falkner", vor dem viele Beteiligte und vom Ermordeten geschädigte gehörigen Respekt haben.

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Tolle Arbeit bei Musik und Regie

Mückstein bebildert das in zur verkaterten Stimmung passenden kühl-blassen Farben. Das ihrige dazu trägt auch die Musik von Karwan Marouf bei. Nach ersten Hinweisen in seine Richtung will Eisner aus berufsethischen Überlegungen den Fall keineswegs "abdrehen". Dann zieht sich die Schlinge jedoch immer schneller zu. Das schaut dann schnell "saublöd aus", wie es Oberst Ernst Rauter (Hubert Kramar) ausdrückt. 

"Irgendetwas stimmt ned mit mir", meint Eisner, der in Erinnerungsfetzen stöbert. Das wird auch zur Prüfung für die verzwickte "Nie wirklich on oder off"-Paarbeziehung von Fellner und Eisner.

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Cleverer und spannender "Tatort"

Die wenige Zeit, die dem Tandem vor Eisners Festsetzung bleibt, nützt man aber noch für das Auffinden einer heißen Spur in Richtung einer im Drehbuch von Thomas Christian Eichtinger und Samuel Schultschik geschickt verpackten, schwer durchschaubaren Verschwörung

Die kafkaeske Situation nagt jedenfalls an der angegriffenen Psyche der Kriminalisten. Letztlich stellen sich immer wieder interessante Fragen zum eigentlichen Ziel des ausufernden Verschwörungskonstrukts, das sich auf recht clevere und spannende Weise immer weiter verdichtet.

(Von Nikolaus Täuber/APA)