Filmkritiken

"Smuggling Hendrix": Ein armer zypriotischer Hund im politischen Niemandsland

Der griechisch-zypriotische Musiker Yiannis (Adam Bousdoukos) aus der geteilten Stadt Nikosia ist alles andere als erfolgsverwöhnt und in seinem Leben läuft es gar nicht gut – kein Geld vorhanden, keine Freundin mehr da, aber dafür jede Menge Gläubiger, die sich handgreiflich für ihn interessieren (was seiner Gesundheit abträglich wäre). Es ist also mehr als verständlich, wenn der geplagte junge Mann die Heimatinsel verlassen will, um sein Glück woanders zu versuchen.

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Ein Hund läuft über die Stadt-Grenze

Doch leider hat er die Rechnung ohne seinen Jimi gemacht: dieser Lieblingshund trägt nicht nur einen großen Namen, sondern verhält sich auch recht eigenwillig. Kurz vor der geplanten Abreise nimmt er Reißaus und gerät nach Durchquerung der UN-Pufferzone in jenen Teil Zyperns, der unter türkischer Verwaltung steht (aber von den Vereinten Nationen niemals als Türkische Republik Nordzypern anerkannt wurde). Zwar macht Yiannis den Ausreißer wieder ausfindig, doch damit beginnen die Probleme erst so richtig, denn nun wiehert der Amtsschimmel. Es gibt nämlich ein absurdes Gesetz, das Tieren die Rückkehr von der türkischen zur griechischen Seite der Insel verbietet. Was bleibt dem Hundebesitzer somit anderes übrig, als dieses Gesetz zu umgehen und zum Tierschmuggler zu werden? Für einen ungeübten Grenzgänger ist das gar nicht so einfach, aber er findet im türkischen Automechaniker Hassan einen eher widerwilligen Helfer. Noch dazu lebt Hassan nun genau in jenem Haus, das einst Yiannis und seinen Eltern gehört hat. Nachdem ein erster Rückholversuch scheitert, muss zudem Yiannis Ex-Freundin aktiv werden, um Jimi zu retten und bringt sich dabei in große Probleme. Schließlich braucht der Hund auch noch dringen Hilfe von einem Tierarzt und eine abenteuerliche Flucht über Wasser scheint der letzte Ausweg zu sein.

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Animalische Politposse

Smuggling Hendrix“ ist eigentlich eine Koproduktion mit der Reihe „Das kleine Fernsehspiel“ von ZDF und ARTE. Umso besser, dass es der Film doch auf die große Kinoleinwand geschafft hat (vermutlich, weil Hundefilme derzeit sehr gefragt sind). Diese animalische Politposse führt uns nämlich etwas vor Augen, was wohl nur die Wenigsten von uns im Bewusstsein hatten: dass sich inmitten Europas – oder zumindest an dessen Südostzipfel – noch eine geteilte Stadt befindet, die mit Grenzkontrollen, behelfsmäßigen Mauern, Niemandsland und Schleichwegen durch verfallende Gebäude ein richtiges altes Berlin-Feeling aufkommen lässt.

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Türken auf Zypern

Eine der witzigsten Szenen spielt in einem Dampfbad, wo der Oberschmuggler die Bezeichnung für Hundegebell in verschiedenen Sprachen – wie Niederländisch oder Polnisch – aufzählt. Aber obwohl sich alle Beteiligten so international geben, stellt Hassan gleich danach fest, dass sie einander gar nicht leiden können. Außerdem macht uns diese Figur klar, in welcher Zwickmühle die zypriotischen Türken stecken, da sie von ihrer Heimatinsel nicht anerkannt werden, aber auch nicht in die Türkei umsiedeln wollen, weil sie sich dort fremd fühlen würden. Politisch brisante Themen werden hier also in einer doch recht spannenden Handlung verpackt und wir lernen gleich drei sympathische männliche Looser kennen.

Immerhin heißt der Dessous-Laden in Yiannis Wohnhaus „No Borders“ – im wirklichen Leben bleibt dieser Titel reines Wunschdenken.

3 von 5 vielsprachig bellenden Hunden