Filmkritiken

"Shoot 'em Up" auf Amazon Prime: Clive Owen als "Proleten-Bond"

Autor und Regisseur Michael Davis trat mit dem Vorsatz an, Schießereien zu inszenieren, die zu den größten Feuergefechten der Filmgeschichte zählen sollen und hat mit dieser Ankündigung nicht übers Ziel hinausgeschossen.

Eine Killertruppe will ein Baby töten, was ein kampferprobter Einzelgänger zu verhindern sucht.  So eine Story erweckt wilde Phantasien von einem Wickelkind als Wurfgeschoss, während die Windeln als Kugelfang dienen, und die blutbespritzte Mutter hysterisch schreiend durch die Gegen läuft.

Ganz so schlimm wird es dann doch nicht – immerhin gibt´s erklärtermaßen 85 Tote! –, aber der Film überrascht auf jeden Fall mit einer ungewöhnlichen Geschichte, niemals nachlassendem Tempo und rabenschwarzem Humor.

Trotzdem verbirgt sich hinter "Shoot´em up" keine reine Parodie, sondern viel eher eine lustvolle Hommage an Action-Klassiker und Spaghettiwestern, mit dem Anspruch, die Vorgänger durch einen noch nie da gewesenen Non-Stop-Kugelhagel zu übertreffen.

Alle Inhalte anzeigen Alle Inhalte anzeigen

Geburtshelfer bei Schießerei

Nicht ohne Grund ähnelt der Film in der Machart einer von John Woos´ amerikanischen Arbeiten, denn Autor/Regisseur Michael Davis ließ sich  durch eine Szene aus Woos´ "Hard Boiled" anregen, in der ein Mann mit Waffe und Baby in den Händen durch ein Krankenhaus rennt.

Davies erkannte sofort: "Die Kombination eines hartgesottenen Typen mit der sprichwörtlichen Unschuld eines Babys schafft dramatische Spannung und ein unvergessliches Bild" und hatte damit bereits die perfekte Eröffnungssequenz für sein eigenes Werk vor Augen: Der Held assistiert während einer Schießerei als Geburtshelfer.

Auch die weitere Handlung war somit vorgegeben: "Es geht darum, Schießereien clever und fantasievoll zu variieren." – und davon bekommt man wirklich jede Menge geboten: Der ausgefallenste Schusswechsel findet zweifellos in der Luft statt, als die fallschirmtragenden Kontrahenten nach einem Flugzeugabsprung aufeinander losfeuern.

Alle Inhalte anzeigen

Zornigster Mann der Welt

Hauptdarsteller Clive Owen darf sich einmal als Bruce Willis fühlen oder, da er den vielsagenden Rollennamen Mr. Smith trägt, als irgendeiner der zahllosen Actionhelden überhaupt und bietet zugleich als "Proleten-Bond" – Michael Davis ist eben nie um eine treffende Benennung für sein Geisteskind verlegen – eine umwerfende Alternative zu allen althergebrachten Supermännern der Kinowelt. 

Über Smith´ Hintergründe erfährt man so gut wie gar nichts; bloß, dass er mit britischem Akzent spricht, als Outlaw in einem abbruchreifen Haus mit einer dressierten Ratte lebt, den Augen zuliebe pausenlos Karotten mampft, ein exzellenter Schütze ist und sich wie der zornigste Mann der Welt gebärdet, der über jede Kleinigkeit in Rage gerät. Wie sehr ihn dann erst eine schwerwiegende Ungerechtigkeit in Wut versetzen muss, wagt man sich gar nicht auszumalen – ist auch nicht nötig,  weil uns diese Aufgabe zum Glück von Mr. Davis abgenommen wurde.

Alle Inhalte anzeigen

Bellucci und Giamatti

Völlig einsam bleibt der Kunstschütze aber nicht, denn Zeit für eine Liebesgeschichte muss man immer erübrigen können – noch dazu bei einer derartigen Partnerin; die Rolle der resoluten Prostituierten und Ersatzmutter Donna Quintana (kurz DQ genannt) hat nämlich Monica Bellucci übernommen.

Chef der Attentäter-Armee ist ein gewisser Hertz, der so unauffällig wie ein Börsenmakler wirkt, wenn er nicht gerade zur überdimensionalen Schusswaffe greift, um seine sadistische Ader auszuleben.  Für Darsteller Paul Giamatti war die Versetzung in die Psyche eines Bösewichts eine neue Erfahrung, die er offensichtlich überaus genossen hat. Der große Charakterdarsteller schafft es, Hertz zur interessantesten und irritierendsten Figur des Films zu machen, indem er ihn gleichermaßen als Familienvater und Killer, als farblosen Jedermann und fröhlichen Folterknecht erscheinen lässt.

 

Alle Inhalte anzeigen

 Baby-Roboter

Um die Freude am bleihaltigen Spektakel nicht zu trüben, sei auch eigens darauf hingewiesen, dass es für den Kinderschutz keinen Grund zum Einschreiten gibt, denn in den wirklich lauten Szenen wurden ferngesteuerte Baby-Roboter verwendet, und auch das reale Filmkind wurde nicht überbeansprucht, sondern von drei verschiedenen Säuglingen verkörpert. Sogar als Waffengegner kann man den Film also ruhigen Gewissens einfach zum Schießen finden, und auf die Frage nach der kürzesten Inhaltsangabe ließe sich antworten "'Lola rennt' mit Kanonen" (natürlich wieder O-Ton Davies).

3 ½ von 5 Karotten-Gerichten.

"Shoot'em Up" ist derzeit auf Amazon Prime verfügbar. Hier geht's direkt zum Film!

Hinweis: Die Produkt-Links, die zu Amazon führen, sind Affiliate-Links. Wenn du auf einen Affiliate-Link klickst und über diesen Link einkaufst, bekommen wir von dem betreffenden Anbieter eine Provision. Für dich verändert sich der Preis nicht!