"Saw X": Jigsaw – gefährlich und gefährdet
Von Franco Schedl
Zehnmal "Saw" und noch immer kein Ende in Sicht. Im Gegenteil: Man kann von einem Neuanfang sprechen, denn jetzt dreht Regisseur Kevin Greutert die Zeit zurück und erzählt ein Kapitel aus dem früheren Leben von John Kramer aka. dem Jigsaw-Killer.
Kramer als Krebspatient
Die Geschichte ist zwischen den Ereignissen des ersten und zweiten Teiles einzuordnen und zeigt uns den von seiner Krebserkrankung schwer geschwächten Kramer, der seine ganze Hoffnung auf eine Behandlung in Mexiko setzt. Leider wird er aber betrogen, denn die Betreiber einer angeblichen mexikanischen Klinik sind darauf spezialisiert, verzweifelten Patient:innen unter Vorspiegelung falscher Versprechen das Geld aus der Tasche zu ziehen.
OPs am eigenen Leib
Diesmal haben sie sich jedoch das falsche Opfer ausgesucht, denn Jigsaw hat jede Menge gemeiner Apparaturen und Gerätschaften parat, um die Scharlatane selber in medizinische Notfallpatient:innen zu verwandeln. Die Bedauernswerten müssen nämlich OPs am eigenen Leib durchführen und unfreiwillige Selbstverstümmelungen vornehmen, falls sie überleben wollen.
Dass Jigsaw trotz angeschlagener Gesundheit – und noch dazu in einem fremden Land – fähig ist, in Rekordzeit wieder etliche Todesfallen zu konstruieren, sollten wir lieber nicht beanstanden, denn sonst hätte so gut wie kein einziger "Saw"-Film funktionieren können.
Tobin Bell mit über 80
Hat Tobin Bell eigentlich die Alterslosigkeit gepachtet? Theoretisch müsste er ja fast 20 Jahre nach seinem ersten Auftritt in der "Saw"-Reihe deutlich älter aussehen, obwohl er sein jüngeres Ich spielt.
Keine Sorge: Das tut er eindeutig nicht, sondern wirkt so alt, wie es seinen mittlerweile über 80 Jahren entspricht. Aber es gibt auch eine gute Ausrede dafür, denn man kann die körperliche Mitgenommenheit seiner Figur auf jeden Fall Kramers Krebserkrankung anlasten.
Ein Prequel mit viel Neuem
"Saw X" ist ein definitives Prequel, doch die Frage lautet: Kann es der langlebigen Reihe überhaupt noch Neues hinzufügen? Die überraschende Antwort: Ja, sogar eine ganze Menge. Zunächst haben wir John Kramer kaum jemals zuvor von einer derart persönlichen Seite zu sehen bekommen und auch so verwundbar ist er uns noch nie erschienen.
Die erste halbe Stunde über leiden und hoffen wir daher pausenlos mit ihm mit. Sobald es dann zu den neuerlichen "Spielen" kommt, deren Gore-Faktor für Hardcore-Fans nichts zu wünschen übrig lässt, beginnen sich die bisherigen Regeln ebenfalls allmählich zu verschieben.
Würdiger Gegenspieler für Jigsaw
Erstmals trifft Jigsaw nämlich auf eine Person, die es an Kaltblütigkeit mit ihm aufnehmen kann, und ihn sogar in Sachen Skrupellosigkeit überbietet. Für uns als Zuschauer:innen bedeutet das ein Wechselbad der Gefühle: Wir werden nie genau wissen, auf wessen Seite wir uns eigentlich stellen sollen, denn die Grauzone zwischen Gut und Böse, ethisch vertretbarem Handeln und sadistischem blanken Hass ist hier sehr groß.
Altvertraute Figuren und unvermeidlicher Twist
Der Überraschungs-Twist am Ende darf dann natürlich auch nicht fehlen (und könnte etwas überkonstruiert erscheinen). Außerdem ist der Film vielleicht allzu krampfhaft bemüht, Figuren, die man aus späteren Folgen kennt, bereits jetzt einzuführen.
Am wenigsten stört es noch, dass die aus "Saw 2-3" vertraute Helferin Amanda (Shawnee Smith) ebenfalls mit von der blutigen Partie ist. Aber die Post-Credit-Szene wird dann zum reinsten Puzzlespiel, führt uns an einen ikonischen Ort und zeigt einen weiteren Jigsaw-Unterstützer, den man zu diesem frühen Zeitpunkt bestimmt nicht erwartet hätte.
Abgesehen von diesen kleinen Kritikpunkten hat "Saw X" somit alles, was einen guten Horror-Thriller ausmacht und bringt frisches Blut in dieses Franchise. Doch wie man nun einen möglichen Teil XI aufziehen würde, bleibt die große Frage, da weitere Geschichten aus Jigsaws Vergangenheit inzwischen kaum noch möglich sein dürften.
4 von 5 Heizschlangen in Gesichtsnähe
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