Filmkritiken

"Ready or Not": Bräutliches Versteckspiel als traditionelle Menschenjagd

Ein nettes Spiel in Familienrunde – vielleicht „Mensch ärgere dich nicht“ oder „Cluedo“ – ist in unserem digitalen Zeitalter wohl so ziemlich außer Mode gekommen. Wie schön, dass es Familien gibt, die diese Tradition noch hochhalten. In dieser dunklen Komödie kommt es freilich zu einer Familienunterhaltung der etwas anderen Art, bei der sich bald die Leichen stapeln.

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Hide & Seek als Find & Kill

Die piekfeinen und steinreichen Le Domas haben ihr Vermögen durch die Erfindung von Karten- und Brettspielen gemacht. Daher erscheint es der jungen Grace (Samara Weaving), die soeben in die Familie eingeheiratet hat, höchstens etwas exzentrisch, aber nicht besorgniserregend, dass sie einem alten Brauch zufolge in ihrer Hochzeitsnacht Punkt Mitternacht zu einer speziellen Spielerunde eingeladen wird. Nachdem sie eine Karte gezogen hat, auf der „Hide and Seek“ steht, macht der junge Ehemann (Mark O'Brien) ein betretenes Gesicht, doch in den Augen der anderen Familienmitglieder (darunter Andie MacDowell) blitzt es eher mordlüstern auf. Grace muss sich bis zum Morgengrauen irgendwo im Haus verstecken und darf sich nicht finden lassen – was ansonsten mit ihr geschehen würde, weiß sie vorerst noch nicht, aber uns als Zuschauern ist es bereits klar: hier geht es um Leben und Tod. Warum sich die Familie schon seit etlichen Generationen so unglaublich seltsam und unerbittlich brutal verhält, wird ebenfalls bald angedeutet. Ob wir die Erklärung als reinen Aberglauben und kollektive Psychose bewerten sollen oder ob doch etwas Wahres dahintersteckt, lässt sich aber erst am Ende entscheiden.

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Blutgetränktes Finale

Was eher langsam und gesittet beginnt, entwickelt sich immer mehr zu einem Familien-Splattermovie: keine Figur kommt ohne gröbere Blessuren davon und zuletzt sind alle so blutbedeckt, dass man meinen könnte, gerade in Peter Jacksons Gore-Orgie „Braindead“ geraten zu sein. Während Jackson aber seinen kultigen Horrorfilm mit perfekt funktionierendem Humor angereichert hat, bleibt hier das Lachen oft auf der Strecke: einige Szenen hätten einfach noch wesentlich hysterischer und over the top inszeniert werden müssen, damit der schwarze Humor wirklich voll zur Geltung kommt. Stattdessen gewinnt man eher den Eindruck, den Machern von „Ready or Not“ war das genussvoll vorgeführte Ansammeln von Verletzungen viel wichtiger.  Natürlich darf man die Story auch als eher platte Sozialkritik verstehen: Immer wieder schimpft Grace auf die verrückten Reichen, die sich alles erlauben können; und zu den ersten unfreiwilligen Opfern dieser Menschenjagd zählen – wie der Trailer bereitwillig verrät – ausgerechnet die Dienstboten.

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Running Gag mit Ladehemmung

Ein runngin gag besteht darin, dass Grace diverse Schusswaffen in die Finger bekommt und den Abzug betätigt, aber kein einziges Mal einen Schuss abfeuern kann, weil immer etwas schiefgeht. Diese Erfahrung ließe sich auch auf das Drehbuch anwenden: da steckte bestimmt viel Potential zu einer herrlich überdrehten Splatterkomödie drin, doch bei der Umsetzung entwickelt der Film dann über weite Strecken ebenfalls eine Ladehemmung. Man fragt sich unwillkürlich, was Ari Aster oder Jordan Peele - durch „Hereditary“ und „Get Out“ Spezialisten für unangenehme Familienverhältnisse -  daraus hätten machen können.

2 ½ von 5 ein- oder abgeschlagenen Köpfen