"Rambo: Last Blood": Onkel Johns allerletztes (?) Blutvergießen
Von Franco Schedl
Ist es nicht schön, mit einer berühmten Figur über die Jahre hinweg mitzualtern? Und für alle, die sich vor dem Rentendasein fürchten, wird John Rambo außerdem zu einem echten Hoffnungsträger: er zeigt, wie es geht, noch jenseits der 70 ein aktives und bluterfülltes Leben zu führen, von dem manch junger Spund nur träumen könnte. Am Ende des vierten Teiles ist Rambo ja offiziell in Pension gegangen und hat die Farm seines Vaters als Rückzugsort gewählt. Dort verwandelt er sich auf seine alten Tage noch in einen echten Cowboy, doch seine Kämpfernatur wird bald wieder geweckt.
Schlechte Zeiten für Mexikaner
Er nimmt es im Alleingang mit einem Ring mexikanischer Mädchenhändler auf, dem auch die junge Gabriella (Yvette Monreal) zum Opfer gefallen ist. Dieses Mädchen spricht von Rambo nur als „Onkel John“ und wurde von ihm wie eine Ersatztochter großgezogen, weshalb er nun sofort nach Mexiko fährt. Als Rambo mit den finsteren Gesellen erstmals aneinandergerät, zieht er zunächst den Kürzeren und ist auf die Hilfe einer Journalistin (Paz Vega) angewiesen, doch bald wird er den Spieß umdrehen (im Leib eines Mexikaners natürlich) und bei der Schlusskonfrontation wächst der Leichenberg rasant. Er bringt seinen Rachefeldzug auf amerikanischem Boden zu Ende und seine Farm wird zum Kriegsschauplatz.
Holzhammermethode
Regisseur Grunberg („Get The Gringo“) versucht durch pausenlose Großaufnahmen von Gesichtern Emotionen zu erzeugen und will uns Rambo auch psychologisch näherbringen: der Veteran wird noch regelmäßig von zwanghaften Erinnerungen an Vietnam überfallen, erscheint als menschliches Wrack und wirft ständig Tabletten ein. Aber hilfsbereit ist er trotzdem, denn gleich zu Beginn will er bei Katastrophenwetter drei verirrte Wanderer aus der Wildnis retten. Einmal fährt Rambo sogar den mexikanischen Grenzzaum über den Haufen, aber das war sicher nicht als politisches Statement gemeint. Bei diesem Drehbuch geht sich nämlich bloß grobschlächtige Schwarz-Weiß-Malerei aus. Um Rambos unerbittliche Rachsucht zu motivieren, reicht die Holzhammermethode völlig: Mexiko ist ein schmutziges, heruntergekommenes Land und seine Bewohner sind vor allem Kriminelle, die Drogen konsumieren, Mädchen rauben, quälen, zur Prostitution zwingen und oft in den Tod treiben. Wer es noch immer nicht begriffen haben sollte: „Onkel Johns“ Mädchen ist ganz ganz unschuldig, die Mexikaner sind sehr sehr böse und Rambo will viel viel Blut fließen sehen.
Blutrausch
Selber schuld, wer sich hier Filmkunst oder auch nur eine halbwegs überzeugende Geschichte erwartet. Es geht bloß darum, Rambo einen Vorwand zu liefern, um unter seinen Opfern wie ein Berserker zu wüten. Sobald jemand seinem Feind ankündigt, ihm das Herz aus der Brust zu reißen, sind das im Normalfall bloß leere Worte, doch Onkel John meint solche Androhungen todernst. Hat er im vorigen Film jemandem mit bloßen Händen den Kehlkopf herausgerissen oder etliche Personen mit Kugeln zu Pudding geschossen, schafft er es diesmal, solche Gewaltausbrüche noch zu überbieten und metzelt mordlüstern drauflos (was oft bis an die Grenzen der unfreiwilligen Komik führt): etliche Todesfallen in einem selbstgegrabenen Stollensystem warten auf die mexikanischen Besucher und falls die Fallen noch nicht gereicht haben sollten, ist Rambo mit schwerer Munition, eigenhändig geschmiedeten Messern oder gleich mit Stahlpfeil und Bogen zur Stelle.
Im Abspann bekommen wir noch einen chronologischen Rückblick auf Szenenbilder aus allen Rambo-Filmen geboten, bevor John, ganz zum lonesome Cowboy geworden, in den Sonnenuntergang davonreitet; sicherlich dem nächsten Blutvergießen entgegen (aber ob das noch eine Filmkamera festhalten wird, ist eher zweifelhaft).
2 von 5 bluttriefenden Pfeilspitzen