Filmkritiken

"Paradise": Lohnt sich der deutsche Scifi-Thriller auf Netflix?

In unserer neuen Rubrik "Lohnt sich das?" stellen wir euch einmal wöchentlich einen Streamingtitel (Film oder Serie), der in aller Munde ist, vor, nehmen ihn genauer unter die Lupe und stellen für euch die altbekannte Frage: "Lohnt sich das überhaupt?" Lohnt es sich, dafür Zeit zu investieren? Ein Abo abzuschließen? Oder ein Abo zu beenden?

Diesmal: "Paradise" auf Netflix. 

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Worum geht's in "Paradise"? 

Lebenszeit gegen Geld: In nicht allzu ferner Zukunft hat eine Methode zur Übertragung der Lebenszeit von einer Person auf eine andere die Welt für immer verändert und das Biotech-Startup AEON von Sophie Theissen (Iris Berben) zu einem milliardenschweren Pharmakonzern gemacht.

Max und Elena führen ein nahezu perfektes Leben. Doch als das Paar unerwartet mit Versicherungsansprüchen konfrontiert wird, die sie nicht bezahlen können, ändert sich schlagartig alles für sie. Um die Schulden zu begleichen, wird von Elena (Marlene Tanzcik) eine “Zeitspende” von 40 Jahren eingefordert. Der gemeinsamen Zukunft beraubt, stehen beide vor den Trümmern ihres Lebens. Fortan versucht Max (Kostja Ullmann), der für AEON arbeitet, alles, um Elenas verlorene Jahre zurückzuholen. Doch nichts wird je wieder so sein, wie es war.

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Beeindruckender deutscher Cast 

An der Spitze des Netflix-Casts steht die großartige Iris Berben, die mit ihrem neuen Look kaum wiederzuerkennen ist und voll und ganz die Rolle der Narzistin Sophie Theissen einnimmt. Auch ist es schön, den charmanten Kostja Ullmann in dem Scifi-Film zu sehen. Er liefert den geeigneten Gegenpart zu Iris Berben. Numan Acar, den man aus der finalen Staffel von "Prison Break" kennt, leistet hier auch gute Schauspielarbeit. 

Auf dem Regiestuhl haben Boris Kunz, Tomas Jonsgården und Indre Juskute Platz genommen. Boris Kunz zeichnet mit Simon Amberger und Peter Kocyla für das Drehbuch verantwortlich. Kunz und Amberger haben schon zusammen in "Hindafing" zusammen gearbeitet. Für alle Beteiligten ist "Paradise" die wohl größte Produktion ihrer bisherigen Karriere und haben (dafür) gute Arbeit an dem Projekt geleistet.

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Potential nicht ganz ausgeschöpft 

An manchen Stellen bewegt sich "Paradise" zu schnell voran: Details gehen verloren und man bleibt als Zuschauer:in etwas im Dunkeln. Vielleicht war das gerade beabsichtigt? Manchmal hätten jedoch ebenjene Details auch noch spannende Hintergründe und Handlungen aufmachen können, die "Paradise" etwas mehr Fülle gegeben hätten. 

Außerdem dreht sich der Scifi-Thriller immer wieder im Kreis, wenn es zum Beispiel um Elenas Wunsch geht, niemandem die Jahre wegnehmen zu wollen. Zudem handelt die ein oder andere Figur out of character, ohne dass das aufgeklärt wird, was den Charakteren nicht unbedingt mehr Glaubwürdigkeit verleiht.  

Die Prämisse ist äußerst spannend und faszinierend. Sie macht viele Gedanken auf und begleitet einen auch nach dem Ende des Netflix-Films noch länger. Nichtsdestotrotz wurde das Potenzial nicht ganz ausgeschöpft. Es bleibt das Gefühl zurück, dass man mehr draus hätte machen können. 

Im Großen und Ganzen liefert "Paradise" aber einen spannenden Scifi-Thriller, der gut zu unterhalten weiß. 

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Fantastischer Scifi-Thriller

Das Science-Fiction-Genre ist äußerst unüblich für eine deutsche Produktion. Meistens wagt sich Deutschland nicht an Genre-Filme, da damit ein höherer (finanzieller) Aufwand verbunden ist. Denn jede:r weiß, eine Kulisse für einen Scifi-Thriller aufzubauen ist viel aufwändiger als einen Krimi oder ein Drama. Immerhin sind diese in unserer Realität basiert. 

Doch mithilfe von Netflix wurde mit "Paradise" ein überaus qualitativ hochwertiger Scifi-Thriller auf die Beine gestellt, der voll und ganz überzeugt und einen sofort in seine Welt mitnimmt – und seien wir uns doch mal ehrlich: Das ist das wichtigste bei einer Science-Fiction-Geschichte. Die Authentizität des Films entsteht durch die düsteren und futuristischen Zukunftsbilder, die getrost mit dystopischen Scifi-Werken aus Hollywood mithalten können. Hier erwartet Zuschauer:innen 1A-Science-Fiction-Ästhetik. 

Wie üblich im Scifi-Genre geht der dargestellte technische Fortschritt mit Einbußen der Moral einher. Innovation wie "Lebenszeit gegen Geld" werden immer zu zwei Lagern führen, die letzten Endes in Extremgruppierungen enden. So kommt es auch in "Paradise", wo eine Terror-Gruppe mit jedem Mittel ihre Ideale verteidigen will. Durch die berechtigte Kritik an der Biotechnologie entstehen faszinierende Diskussionen, die zum (Mit-)Denken anregen. Dadurch wird philosophisches Gedankengut mit Action-Szenen gemischt, womit eines der besten Elemente des Scifi-Genre hervorragend getroffen wird. 

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Prozess des Alterns als etwas Bedrohliches

Bei der Devise "Lebenszeit gegen Geld" sind arme Menschen diejenigen, die ihre Lebenszeit geben und dafür Geld erhalten und reiche Menschen die Empfänger des Lebens, das sie mit viel Geld bezahlen. Somit sind es die Reichen und Mächtigen, die sich diesen Fortschritt leisten und demzufolge von diesem profitieren können. Das ist nur einer der Punkte, der zu den moralischen Zerwürfnissen führt. 

Dadurch, dass Jünger-Sein hier als etwas Erstrebenswert dargestellt wird, kommt umgekehrt das Gefühl auf, dass Altern etwas Bedrohliches und Beängstigendes ist. Altern wird hier beinahe wie eine verlangsamte Form des Sterbens porträtiert. Das wird vor allem durch Protagonistin Elena transportiert, mit der man gut mitfühlen kann. 

Behandelte Themen wie Liebe und Schönheit im Alter ergreifen einen und lassen Zuschauer:innen die eigene Vorstellung dessen hinterfragen. Hier werden sowohl Schönheitsideale als auch die eigene Interpretation von Schönheit und seinem Aussehen verhandelt. 

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Lohnt sich "Paradise"? 

Der Netflix-Film beweist, dass deutsche Produktionen mehr können als "Tatort" und Til-Schweiger-Romcoms. "Paradise" wartet audiovisuell mit einer überaus hohen Qualität auf, die einen sofort in deren Welt katapultiert. Auch philosophische Fragen ums Altern werden in dem Scifi-Film gut behandelt und regen zum Mitdenken an. Nichtsdestotrotz bleibt am Ende das Gefühl, dass der Film sein Potenzial nicht ganz ausgeschöpft hat. 

Wertung: 3,5 von 5 Sternen

Für Fans von: "In Time", "Source Code", "Snowpiercer"