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Filmkritiken

"Mr. No Pain"-Filmkritik: Fröhliches Verstümmeln

Kann es wirklich Zufall sein, dass erst kürzlich ein Film mit dem Titel "Love Hurts" in unseren Kinos gestartet ist und nun plötzlich der schmerzlose "Mr. No Pain" dort ebenfalls loslegen darf?

"The Boys"-Star Jack Quaid lässt sich in seiner Rolle des Durchschnittstyps Nate hingebungsvoll massakrieren und mit einem Lächeln auf den Lippen steckt er die schlimmsten Misshandlungen ein. Allerdings hat er einen guten Grund, über sich hinauszuwachsen, da seine Traumfrau Sherry (Amber Midthunder) als Geisel genommen wurde. Nun jagt der schlaksige Anzugsträger den schweren Jungs hinterher, um das geliebte Entführungsopfer wieder zu befreien und gerät dabei in immer ausweglosere Situationen, worunter sein körperliches Erscheinungsbild massiv leidet.

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Wie lebt man mit Analgesie?

Zunächst bekommen wir allerdings Einblicke in ein Leben mit Analgesie - so der medizinische Fachbegriff für Schmerzunempfindlichkeit - geboten und erfahren zum Beispiel, dass Nate nur pürierte Nahrung zu sich nimmt, da er sich beim Kauen sonst irrtümlich die Zunge abbeißen könnte. Auch ein paar andere Vorsichtsmaßnahmen sind für uns Normal-Schmerzleidende höchst überraschend: So stellt sich "Mr. No Pain" einen Uhrenalarm, um nicht zu vergessen, seine Blase regelmäßig zu entleeren – andernfalls könnte sie platzen. Überhaupt geht's der Film klugerweise ruhig an und lässt sich die erste halbe Stunde Zeit, um uns die beiden Hauptfiguren näherzubringen, bevor dann die folgende Dauer-Action niemandem mehr Verschnaufpausen gönnt.

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Gefakte Schmerzensschrei

Jack Quaid ist als Ritter ohne Furcht und Schmerzen hier ganz in seinem Element: Das Haus eines paranoiden Bombenbastlers scheint extra für ihn gebaut worden zu sein, denn es wurde mit den unterschiedlichsten Fallen gespickt, in die er natürlich prompt hineinstolpert, weshalb sein Körper immer mehr Löcher an den unpassendsten Stellen erhält. Es geht aber auch noch absurder: unser Held lässt sich von einem Bösewicht absichtlich foltern, um Zeit zu gewinnen und gibt bei den grausigsten Verstümmelungen, die ihm zugefügt werden, unechte Scherzensschreie von sich. 

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Verharmloste Verletzungen?

Freude über Schmerzlosigkeit ist aber trotzdem unangebracht, denn die Verletzungen wiegen ja darum genauso schwer: die Knochen sind gebrochen, die Haut bleibt verbrannt, die Wunden bluten nicht weniger stark, abgerissene Körperteile sind futsch, Blutvergiftung und Wundbrand drohen. Ein Notfallmediziner im Publikum würde über das Geschehen auf der Leinwand wohl fassungslos den Kopf schütteln, und auch ich als medizinischer Laie komme zu dem Schluss, dass man diesen Film als gefährliche Verharmlosung von Verletzungen sehen könnte. Daher bitte nicht nachmachen (aber das versteht sich wohl eh von selbst)! Schmerzunempfindlichkeit hin oder her - vor allem Nates Hände müssten nach einiger Zeit so schwere Beeinträchtigungen davongetragen haben, dass sie gar nicht mehr einsatzfähig wären. 

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Gaststar aus "Spider-Man"

Allem Anschein nach verfügt Nate noch über eine zweite genetische Besonderheit: absolute Heilungskräfte. Aber der Bursche ist da in guter Gesellschaft: Seine brutalen Gegenspieler empfinden zwar Schmerzen, sind aber offenbar auch unzerstörbar. Obwohl jemand schon längst das Zeitliche gesegnet haben müsste, legt der Betreffende eine wilde Flucht hin und kann seine Mordlust in erbitterten Zweikämpfen ausleben. Sogar einen Gaststar hat der Film zu bieten: Spider-Man Freund Jacob Batalon erweist sich einmal mehr als guter Kumpel und kommt - allerdings erst reichlich spät - als Retter in der Not vorbei. Auch Amber Midthunter darf übrigens erst in der zweiten Filmhälfte so richtig zeigen, was alles in ihr steckt, während Komiker Matt Walsh mit seinen Sprüchen als frustrierter Cop kurzfristig für Auflockerung sorgt. 

Die Ausgangssituation von "Mo. No Paine" ergibt jedenfalls gekonnte Action der irrwitzigsten Sorte. Die Figuren werden liebevoll charakterisiert, ein unvorhersehbarer Plot-Twist überrascht uns in der Halbzeit, bevor es dann das Hau-Drauf-Finale gar zu sehr übertreibt – man hat den Eindruck, dass hier nicht nur die Hauptfigur, sondern auch die Gesetze der Belastungsfähigkeit des menschlichen Körpers verletzt werden.

3 von 5 frittierten Händchen

"Mr. No Pain" läuft derzeit in unseren Kinos. Hier geht's zu den Spielzeiten!