Filmkritiken

"Mainstream": Gia Coppolas grelle Kritik an Social Media

In ihrem zweiten Spielfilm "Mainstream", der zurzeit bei der Viennale zu sehen ist, stellt die Regisseurin Gia Coppola die Frage, was schnelle Berühmtheit aus Menschen machen kann. Dabei hat die Enkelin von Star-Regisseur Francis Ford Coppola und Nichte von Sofia Coppola vor allem Plattformen wie Youtube und Tiktok im Visier, statt wie früher das Streben als Schauspieler oder Sänger den Durchbruch zu schaffen. 

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Mit Maya Hawke, Tochter von Uma Thurman und Ethan Hawke, mimt ein zweiter Spross einer berühmten Familie die naive Protagonistin Frankie. Blickfang bleibt jedoch ein blondgefärbter Andrew Garfield, der für die Rolle eines hyperaktiven und exzentrischen Losers, der Frankie um den Finger wickelt, wirklich alles gibt und einem trotz der enormen Antipathie, die man für ihn empfindet, einige Lacher abringt.

Frankie, die in guter alter Hollywoodmanier von ihrem Job als Barkeeperin genug hat und lieber etwas Kreatives machen würde, trifft in einem Shoppingcenter auf Link (Andrew Garfield), der dort als Maus verkleidet Käse verteilt. Nachdem erstere sich bei letzterem beschwert, dass die vorbeigehenden Menschen sich nicht um das Kandinsky-Bild hinter dem Mann im Mäusekostüm scheren, verfällt dieser in eine Wutrede gegen die Konsumgesellschaft und empfiehlt als Gegenmaßnahme ein "eat the art". Und wirklich klatschen alle Zuhörer Beifall, wie es sonst nur in übertriebenen Erzählungen der Fall ist. Frankie filmt mit, lädt das Video auf ihren bis dahin unbekannten Youtube-Kanal hoch und bekommt tatsächlich viele Klicks. 

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Ob eine Tirade über das Ignorieren von Kunstwerken an Shoppingcenterwänden derart populär wäre, sei dahingestellt. Nicht nur hier kommt die Frage auf, ob die Macher von "Mainstream" jemals ein Youtube-Video gesehen haben. Nach dem ersten Erfolg möchte Frankie weiter mit Link zusammenarbeiten, der sich gegen den Besitz eines Handys wehrt, sich aber auf den Versuch einlässt, auf der Videoplattform groß herauszukommen. Gemeinsam holen sie auch Frankies Kollegen Jake (Nat Wolff) ins Boot, Stimme der Vernunft und verliebt in Frankie. Die Zusammenarbeit gipfelt in einer von Link nun als Youtube-Persona "No One Special" moderierten, eher ans Fernsehen als an Youtube-Videos erinnernden Show, die die schädliche Kultur um Social Media anprangern soll. 

Wird der Film anfangs noch durch eingespielten Stummfilmtext aufgelockert, bringt der allmähliche Youtube-Fame Emojis mit sich. Diese ziehen auf nicht unpassende Weise immer öfter über die Kinoleinwand und unterstreichen die grelle, mit Indie-Pop unterlegte Inszenierung. Das kulminiert schließlich darin, dass Frankie, seit ihrem Erfolg nur noch im Business-Casual-Look unterwegs, sich angewidert in einem Schwall von Emojis übergibt, als das Experiment unausweichlich fehlschlägt. Denn Link, dessen egomanischer und letztlich nerviger Charakter immer mehr zum Vorschein tritt, wird schließlich das, wovor er gewarnt hatte.

Coppola orientierte sich an dem Film "Ein Gesicht in der Menge" aus 1957. Damals wurde das Fernsehen als manipulierendes und gefährliches Medium angeprangert, heute sind es Social Media und Youtube. Trotz des Fokuswechsels auf Neue Medien fühlt sich "Mainstreams" in laute Inszenierung verpackte Botschaft nach 15 Jahren Youtube und Youtube-Kritik jedoch undifferenziert und auch nicht mehr sehr innovativ an. 

"Mainstream" von Gia Coppola ist im Rahmen der Viennale am 28. Oktober und 1. November im Gartenbaukino und am 30. Oktober in der Urania zu sehen.