"Luther: The Fallen Sun" auf Netflix: Lohnt sich der Thriller?
Von Franco Schedl
Der Streaming-Dschungel wird immer verwirrender und verworrener, Durchblick hat hier eigentlich niemand mehr. Niemand – außer wir bei film.at.Wir wollen euch weiterhin an der Hand nehmen und darauf achten, dass ihr keine falschen Abzweigungen auf den Wegen nehmt, die solch verführerische Namen wir Netflix, Disney+ oder Prime Video tragen.
In unserer neuen Rubrik "Lohnt sich das?" stellen wir euch einmal wöchentlich einen Streamingtitel (Film oder Serie), der in aller Munde ist, vor, nehmen ihn genauer unter die Lupe und fragen für euch die altbekannte Frage: "Lohnt sich das überhaupt?" Lohnt sich es sich, dafür Zeit zu investieren? Ein Abo abzuschließen? Oder ein Abo zu beenden?
Diesmal: "Luther: The Fallen Sun" auf Netflix.
Wenn man auf Psycho-Spiele mit den gefährlichsten Killern steht, ist man bei der britischen Netflix-Serie "Luther" immer gut aufgehoben gewesen. Idris Elba lotete in der Titelrolle als Londoner Detective Chief Inspector John Luther über fünf Staffeln hinweg die dunkelsten Abgründe des Verbrechens aus und drohte daran oftmals selbst zu zerbrechen.
Am Serien-Ende landete der unkonventionelle Ermittler dann selber im Gefängnis, weil er seine ganz eigenen Methoden eingesetzt hatte, um Gerechtigkeit zu erlangen und dabei oft das Gesetz umging. Nun bekommen wir mit "Luther: The Fallen Sun" nach vierjähriger Pause endlich die lange erwartete Fortsetzung geboten – und das noch dazu in Filmform.
Kräftemessen mit dem Serienkiller
Ein ungelöster Fall macht Luther zu schaffen und er muss erkennen, dass ein grausamer Serienkiller sein tödliches Treiben wieder aufgenommen hat. Daher können selbst Gefängnismauern den in Ungnade gefallenen Chefinspektor nicht davor zurückhalten, seinen Job zu erledigen.
Nach einem tollkühnen Ausbruch heftet er sich auf die Spur des Verbrechers, dessen Identität bald offen zu Tage liegt: Der sadistische Multimillionär David Robey (Andy Serkis) fordert Luther regelrecht heraus und genießt das rücksichtslose Kräftemessen, bei dem sich Leichen häufen, die auch schon mal jahrelang auf Eis gelegen haben können. Doch was plant der Psychopath eigentlich und wird ihn Luther rechtzeitig stoppen können?
Andy Serkis als teuflischer Manipulator
Von der alten Serien-Garde ist hier zumindest Dermot Crowley als Luthers ehemaliger Vorgesetzter erhalten geblieben. Als Neuzugang dürfen wir Cynthia Erivo begrüßen, die als Chef-Ermittlerin inzwischen die Mordkommission leitet. Der eigentliche Star ist aber Andy Serkis, hinter dessen freundlich grinsendem Gesicht das wahre Grauen lauert: Als unerbittlicher Manipulator lässt er Menschen wie Marionetten tanzen – und zwar meist in den Tod.
Dass dieser Typ praktisch auf die Geheimnisse jedes Menschen Zugriff hat und auch PolizistInnen für seine Zwecke nutzt, ist dem digitalen Zeitalter geschuldet und macht ihn zu einem sehr modernen Bösewicht. Als Anregung für die Figur hat aber wohl eine klassische "Sherlock Holmes"-Story mit dem Titel "König der Erpresser" gedient, was beweist, dass "Luther" in einer guten Traditionslinie steht.
Idris Elba als neuer Bond?
Der bewährte "Luther"-Regisseur Jamie Payne inszeniert Elba diesmal übergroß und man glaubt mitunter, der Titelheld habe sich direkt in James Bond oder einen Superhelden verwandelt, denn wer sonst würde es im Einzelkampf mit einer ganzen Horde rachsüchtiger Gefängnisinsassen aufnehmen? Auch das Finale in einer Schneelandschaft mit einem geheimen Stützpunkt, wo der Terror herrscht, könnte direkt aus einem 007-Film stammen.
Lohnt sich "Luther: The Fallen Sun" auf Netflix?
Im Vergleich zur Serie ist bei "Luther: The Fallen Sun" alles größer, spektakulärer und actionreicher geraten, denn es geht über zwei Stunden hinweg wirklich hart zur Sache. Eine gute Nachricht: Auch NeueinsteigerInnen werden sich bestens zurechtfinden, da die Kenntnis der Netflix-Serie keine Voraussetzung ist.
Und selbst recht unglaubwürdige Wendungen wie Rettungen in letzter Sekunde schmälern das Vergnügen kaum. Höchstens die pseudo-psychologische Erklärung für das verkorkste Wesen des Bösewichts sorgt für unfreiwillige Heiterkeit: das Zähneknirschen ist an allem schuld. No joke.
Ganz zuletzt wird deutlich, dass Luther künftig wohl tatsächlich zu einer Art Geheimagent aufgebaut werden soll, der für die Regierung arbeitet. Ob diese Entwicklung noch etwas mit dem ursprünglichen Serienhelden zu tun hat, darf bezweifelt werden. Aber da wir Elba sicher niemals als Daniel Craigs Nachfolger zu sehen bekommen, sollte er ruhig die Gelegenheit nutzen, sich als Luther seine eigene Filmreihe als Schwarzer Bond zu erschaffen.
Ein Blick in diese Abgründe der menschlichen Psyche lohnt sich also durchaus.
4 von 5 Sternen
Für Fans von: "Sherlock", "Broadchurch", "Ripper Street", "The Missing", "Mindhunter"
Wo ist "Luther: The Fallen Sun" zu sehen?
"Luther: The Fallen Sun" ist seit 10. März auf Netflix verfügbar.